Sonntag, 20. Oktober 2019

Das war nur ein Traum ...


Ein Traum, nur ein feuchter Traum
(es muß lange her sein)
Es war wohl meine Schulklasse, wir waren im Hallenbad (dies zu feucht – was dachten Sie denn…), wir schwammen herum; das Wasser wurde weniger; als einer der Letzten hörte ich auf mich zu betätigen und hockte mich auch auf den Beckenrand. Ja, nun war kaum noch der Boden bedeckt, niemand wunderte sich. Der schlaksige Klassenlehrer, alles andere als mein Kumpel, legte sich lang hin mit hinter dem Kopf verschränkten Händen, kam mit seinen Füßen an mich heran, igitt. Ich rückte ab. Da näherte sich ein bildschönes Mädchen, kurzes Haar, was damals eigentlich bei mir einen Punktabzug darstellte (als hätte ich mir eine solche Marotte leisten können), völlig unwesentlich – sie war einfach nur wunderschön; sie flanierte so am Rand entlang und dann nahm sie neben mir Platz. Nicht irgendwo neben mir, sie setzte sich an mich heran, Haut an Haut. Ich wagte kaum zu atmen, das konnte doch gar nicht sein, keiner war so unbedeutend wie ich; sie lehnte sich an mich an, schaute mit bezauberndem Blick zu mir – und auf einmal fing sie an mich zu küssen. Ich dachte, um Himmels willen, das kann ja gar nicht sein, und überhaupt … der Lehrer …und die anderen. Ich zog mein Gesicht zurück, schüttelte verwirrt den Kopf, wollte etwas sagen, fand keine Worte …und sie stand auf, zuckte mit den Achseln und ging. Sie schaute sich nicht einmal um.
Da kein Wasser mehr eingelassen wurde, entschwanden alle; ich dachte, was würde gleich hämisch und vor allem neidisch auf mir herumgehackt – nichts, rein gar nichts, als wäre nichts geschehen. Sie mußten es doch gesehen haben, aber keiner hatte Notiz davon genommen. Wenn ich das geahnt hätte…
Alle hatten sich abgetrocknet, wir gingen, und ich mußte feststellen, daß es die Tür, durch die SIE in ihrem schwebenden Gang entschwunden war, gar nicht gab.
* * *
Ganz großes Westerwälder Ehrenwort, das habe ich letzte Nacht geträumt. Der unnütze Klassenlehrer, die Horde tumber Mitschüler, die feine Muse – zumindest den Erstgenannten habe ich erkannt. Doch wir waren nie im Hallenbad, seltsam.
Ach so, und noch ein Nachtrag. Und das ist nur teilweise ein Traum – viel, viel später begegnete mir Sabine – und sie hatte langes dunkles Haar, und sie schaut sich stets um und winkt mit zwei Armen …aber das ist wieder eine ganz andere Geschichte.
(UNS beiden zu meinem 68. Geburtstag gewidmet)

Sonntag, 13. Oktober 2019

Literaturnobelpreis für Peter Handke

Peter Handke – danke
(wenn auch Ösi – aber deutscher Sprache)
Nun hat er, nicht nur für mich überraschend, den Nobelpreis für Literatur zuerkannt bekommen. Das ist „allerhandke“, werden die komischen Lästerleute dazu althergebracht kalauern. Bezüglich Serbien/ Milosevic kann ich mir kein Urteil erlauben, aber Herr Handke war für mich von wegweisender Bedeutung.
Ende der Sechziger, ich war so sechzehn/siebzehn Jahre alt, lief samstags am Nachmittag im Fernsehen SCHREIB EIN STÜCK. Als Gäste kamen Menschen der Literaturszene hinzu, mitunter auch Peter Handke. Ich hatte zu schreiben begonnen – und dieser junge Mensch war für mich eine ganz neue Perspektive über meine derzeitigen Helden Heinrich Böll und Siegfried Lenz hinaus. Ich klebte an seinen leisen Lippen und hörte erstmals nach vorwiegend völlig deplatzierten Deutschlehrern von einem richtigen Menschen Ermutigendes! Der nahm mich mit. Ich schöpfte ergänzende Courage zu weiteren Schreibversuchen, weil mein eigenes Zutrauen jahrelang vernichtet worden war. Ja, genau das war der Weg, den ich gehen wollte.
Nicht alles von Peter Handke war für mich nachvollziehbar, aber interessant war es von Anfang an. Unvergeßlich ein Samstagabend, als bei Kulenkampff ein Auszug des Skandalstückes Publikumsbeschimpfung mit Gottfried John vorgetragen wurde, zum Befremden des Publikums, deshalb auch gleich die souveräne Häme von HJK über seine Bühnen-Gäste, weil er seinen Zuschauern im Saal und an den Fernsehern imponieren wollte – aber er überspannte den Bogen nicht. Kuli konnte man nichts krummnehmen.
Die Begrüßung des Aufsichtsrates und der Film Die linkshändige Frau werden mich mein Leben lang begleiten. So umstritten Peter Handke sein mag und so kontrovers sein literarisches Schaffen diskutiert wird: Er ist ein Sprachstilist – und in der Kunst muß nicht jeder alles verstehen.
Mir hat er geholfen, einen wahrhaftigen Lebenssinn zu erkennen und zu festigen. Dafür allein gebührt ihm meine Dankbarkeit. Er wird nie von mir erfahren, und das kann durchaus ein Segen sein; für wen auch immer.