Dienstag, 30. Mai 2017

Schicksal spielen

Schicksal spielen
(irgendwas tut sich jedenfalls)
Damit sich Männlein und Weiblein treffen, bedarf es oft nur eines Anstoßes. Dies aber als Helfer selber in die Hand zu nehmen, davon wird allgemein abgeraten – es führe zu nichts, heißt es. Vor drei Jahren sahen wir das ganz anders (und heute noch anders).

    Wir alle kennen doch diese Mauerblümchen und solch sture Sonderlinge, Eckensteher meinetwegen. Zu unserem alljährlichen Gartenfest kommen rund 30 Leutchen, zum einen haben wir eine solide Grundbesetzung aus Freunden, Bekannten und Nachbarn - und hinzu kommt dann der eine oder andere neue Gast. Und zum festen Bestandteil, ich möchte genauer sagen: harten Kern gehört unabänderlich jedes Jahr „die UniversalGÄSTIN“ Rosemarie, die mit ihrer kleinen Tochter (wie sie an die gekommen ist, wird mir immer schleierhaft bleiben) irgendwie als Hausrat mit in unsere Beziehung eingedrungen ist (wenn es nur das Gartenfest wäre, wo sie mich nervt…sie läuft indes jedes Wochenende hier auf) – und der finstere Blick ihrer Brut macht mir geradezu Angst. Ein Horror von einem Mädchen. Mandy. Ich spreche es gerne nur in Gegenwart meiner Frau buchstabengetreu aus – M.A.N.D.Y. – klingt nach „Mann-DIE!“. Rosemaries Thema sind die Männer von ihrer schäbigsten Seite, dennoch sucht sie unverzagt weiter. Ständig höre ich von ihr „Wie geil ist das denn“ wenn ihr mal etwas gefällt, was selten der Fall ist, häufiger hingegen „Das geht ja gaaar nicht“ wenn sie was mißbilligt, und das liegt ihr schon eher. R. ist anstrengend und voller Tattos und Piercings, nach allen Regeln der Kunst auf der Höhe der Zeit sozusagen – aber sie bleibt allein mit Mandy. Was mich am allerwenigsten wundert.
 
   Zu den zahlreichen Freundinnen und Bekannten stieß vor drei Jahren mein Kollege Erwin hinzu, ProfiSINGLE wider Willen. Es war also meine Idee, gut und schön. Erwin ist ein Rotfuchs, ein schräger Vogel mit frecher Klappe und beinhart auf der Langlaufschiene sein Leben verplempernd. Es heißt, wer viel rennt, der läuft vor irgendwas davon – bei Erwin stimmt es haargenau. Aber er ist zuverlässig, das halte ich für seinen Trumpf! Sein Name reizt ein wenig zum Davonlaufen, ich spreche ihn „Örving“ aus, klingt wenigstens wie ein Bestsellerautor.

     Rosemarie wußte ein wenig von meiner Frau über E., Erwin instruierte ich gleich bei seiner Ankunft – „Schau unauffällig hin – paß auf, der Tisch neben der Terrasse, die mit der kleinen Tochter (ja, mein Gott, Piercing und Tattoo – na und – schau doch mal näher!)– aber paß auf Dein freches Maul auf! Halt die Gosche, klar?“ Erwin versteht nur klares Deutsch.

     Erwin setzte sich in unmittelbare Nähe zu Rosemarie. Und er wurde sofort fixiert, von Mandy. Hoffentlich hatte er gegrüßt, denn Erwin führt Befehle konsequent aus und ich hatte das nicht betont. Ich sah es, er hielt offenbar penetrant die Klappe.

     Und dann geschah, was keiner ahnen konnte: Sie saßen stumm beieinander, und auf einmal fischte Rosemarie aus ihrer Tasche eine Zigarette – mir fiel fast das Weinglas aus der Hand, mein Gegenüber schien seine an mich gerichtete Frage nochmals zu wiederholen und stieß mich leicht an – aber ich mußte es einfach genau sehen: Die Nichtraucherin Rosie machte auf cool und begab sich auf eine endlose Suche nach Feuer, kramte in der Tasche, wartete verunsichert auf galante Hilfe von Erwin. Der schaute stur in die Augen der ihn unablässig musternden Mandy – es tat sich nichts – wie auch: Erwin ist nicht nur Nichtraucher, er ist Feind aller Rauchartikel und wenn er was nicht dabei hat, dann gewiß Zündhölzer oder Feuerzeug. Für Erwin war die Nummer durch, auf einmal trottete er zum Grill, nahm sich gebratenes Gemüse (ja, für den Herrn Vegetarier hatten wir auch daran gedacht) und eine große Flasche Wasser und tauchte irgendwie unter.

     Rosemaries Zigarette brannte unterdessen, sie mußte allerdings recht viel husten und schob es auf den Grill, wie mir meine Frau später kichernd versicherte. Sie hatte der Sache eh keine Chance eingeräumt und macht auch kein Drama daraus, sie kannte ja Rosemarie.

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     Auf wundersame Weise hing Rosemarie seitdem nicht mehr bei uns herum, ich wagte kaum unser Glück zu glauben und sprach es erst gar nicht an, um eine Fortsetzung der von mir empfundenen Belästigung zu unterbinden. Erwin hatte kurz darauf die Stelle gewechselt, konnte nun als Vertreter viele andere Sportvereine aufsuchen und dort seiner seligmachenden Wetzerei frönen (lauf doch zur Hölle, Du Sack).

     Vor kurzem hat Rosemarie per Karte mitgeteilt in sechs Wochen zu heiraten, wir sind dazu eingeladen! Ich bin von den Socken. Wie das? Rosemarie hatte also Feuer bekommen, auf unserem Gartenfest, aber das haben wir dann gar nicht weiter beachtet. Ein langjähriger Gast, ein befreundeter Nachbar, der sie schon sehr lange im Visier hatte, hatte sich ein Herz gefaßt, und so soll es begonnen haben, erzählte sie meiner Frau – und der Tollkühne nahm sogar „Mann-Die!“ in Kauf. Sie soll nun lieblich dreinschauen, heißt es, na, ich werde es ja sehen.

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