Mittwoch, 15. April 2015

SELBSTERKENNTNIS

Selbsterkenntnis

(eine vorläufige Bestandsaufnahme, wieder mal)

Früher sagten wir oft: „Selbsterkenntnis ist der erste Weg zur Besserung.“ Was würde ich es mir wünschen, wenn so manche Zeitgenossen das heute mal wieder beherzigten. Aber – vorangehen ist ein Anfang.

ich war immer klein
Anfangs war das ja auch verständlich, aber dann, in der Schule, zeichnete es sich ab, daß ich zu den beiden gehörte, die von der Lehrerin an der Hand genommen wurden (bei der Einschulung, versteht sich). Nach hinten, im Gänsemarsch, wurden die Jungs immer länger – sogar die Schulbänke waren entsprechend gestaltet. Ich mußte immer ganz vorne sitzen. Oma ließ mich im Bett Streckübungen vollziehen, sie glaubte daran. Letztlich, ausgewachsen, wurden es 1,63 Meter. Als Inspektoren-Anwärter füllte ich mir selber meinen Personalausweis mit 1,65 aus, kühn, denn ich war in Wirklichkeit nur 1,61 Meter …lang. Als ich vor Jahren ins Krankenhaus mußte, hieß es, ich sei 1,59 Meter – es hätte fast eine körperliche Auseinandersetzung gegeben. Wir einigten uns auf 1,60 Meter. Es führte zur allgemeinen Belustigung, daß ich aufschnitt und trotzig behauptete, ich sei schon mal 1,67 Meter gewesen – es sei aber schon lange, sehr lange her.

ich bin jetzt dick
Als Jugendlicher betrieb ich Ausdauersport, ich wog 55 Kilogramm. Später waren es dann Anfang 60 (man entwickelt sich – wenn nicht in die Höhe, dann …nun ja, irgendwie anders). Mein derzeitiges Gewicht offenbare ich nicht, es ist zuviel, zugegeben Ich fröne der entmutigten Offenbarung: „Ich kann essen, was ich will – ich nehme nicht ab.“ Aus gesundheitlichen Gründen (das ist jetzt kein Witz!) hatte ich im Berufsleben den Leistungssport aufgegeben – ich war zum Ausgleichssportler verkommen, jahrzehntelang. Wenn ich mir vorstelle, diese tausenden Stunden radeln, schwimmen und wetzen – was hätte ich in der Zeit alles so schön … essen können. Naja, das ist vertan. Die Zeit ist bekanntlich unwiederbringlich.

ich bin kahlköpfig
Nein, keiner dieser kahlgeschorenen Schwachköpfe, ob politisch oder modisch geleitet – es war eine natürliche Lichtung des krausen Schopfes. Ein gutes Dutzend Jahre trug ich im Anschluß an die Militärzeit (18 Monate Ewigkeit) einen Fiffi – also alle 2 Jahre einen neuen. Ich drehte mich gemessen um, damit die Frisur mitkam. Frauen berieten mich, das zu lassen (Haarteil auf der Birne, nicht die Drehung), und ich sah ja mit Genugtuung die Typen um mich herum an ihrer verhängnisvollen Aufholjagd verzagen.

ich verfüge über eine ganz eigene Stimme
Im Berufsleben hieß es manchmal am Telefon: „Herr oder Frau Becher?“ Mitunter war mir danach zu antworten: „Nein, Fräulein bitte!“ Und dann hing ich einen herben Lacher an. Erledigt. Verstand mein Gegenüber Spaß, dann führte ich aus: „Sähen Sie mich, würden Sie verstehen, warum ich nicht wie John Wayne klinge.“

ich bin giftig
Ja.
 Na, warum wohl?

Selbstbewußtsein? In einem meiner ersten Bücher (ich war noch jung, Gott, war ich jung) beschrieb ich mich als den Prototypen des neuen deutschen Mannes: Klein, flink, wendig, handlich und abwaschbar.

7 Kommentare:

  1. SO isses! Alles platzsparend untergebracht .... was will man(frau) mehr? ;)

    Hah .... u. nun grüßen Dich die 1 METER 64 höhe, die breite wohlweislich verschweigend, ;)

    SA-Bine

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  2. *lacht*...klasse geschrieben, wie immer, und auf den Kanaren sind wir Kleinen doch gar nicht so klein, gelle. Da gehören wir hin und fühlen uns wohl ;-)

    (Denke mal auf La Palma sind auch die Männer noch nicht so groß)

    Jedenfalls ist es gut wenn man, egal wie, selbstbebewusst durchs Leben geht. Auch ein Punkt den ich hier so klasse finde: Ob klein, groß, dünn oder dick...ob Frau oder Mann, sie tragen ihre Person mit erhobenen Kopf ;-)

    Liebe Grüsse

    N☼va

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  3. Hallo Wolfgang,
    endlich habe ich Dich auf Deinem Blog wieder entdeckt. Mitunter mache ich das auch, dass ich mich mit Hilfe von Zahlen selbst definiere. Ich habe allerdings weniger die Tendenz, mich selbst abzuwerten. Ich hebe da lieber diejenigen Seiten heraus, wo ich glaube, Stärken zu haben.

    Gruß Dieter

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  4. Es soll ja ein Nietzsche-Spruch sein: WER SICH SELBST ERNIEDRIGT WILL ERHÖHET WERDEN.
    Verdammt wahr, das gestehe ich ein!
    Danke, daß Du Dich mal wieder gemeldet hast - genieße auch die schönen Tage!
    Übrigens bin ich in Wahrheit nur ganz kurz - aber riiiiiesengroß. Gut so, Dieter? ;-)

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  5. ...von Nova kommend war ich ehrlich gesagt neugierig und finde es hier pfiffig! :)) Und heiter. Ein Tipp: Man / frau ist so groß wie man/ frau sich fühlt.

    Hab' einen schönen Sonntag
    Herzliche Grüße aus Augsburg von Heidrun

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  6. Sehr schöner Text, humorvoll und selbstironisch, das vermisse ich bei allzu vielen Zeitgenossen.
    Wo kann ich mich denn hier als Follower eintragen? Damit würde ich dann über jeden neuen Post informiert, das ist praktisch.

    Viele liebe Grüße
    Wolfgang

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  7. Vielen Dank von W. zu W. - meine Partnerin (und Admin) hat Deine Anregung aufgegriffen und das Fach für Follower wiederhergestellt (ein "erlesener" Kreis, ganz unter uns sozusagen). Ich fliege übrigens morgen zu ihr - und wir werden uns gemeinsam Eure tolle Seite zu Gemüte führen - mehr dann von La Palma aus!

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Danke! ;)