Mittwoch, 13. August 2014

Sport ist Sprachmord

Mein Deutsch 7

(Sport : Extra-Spezial-Sonderausgabe)*

Was ist im Untertitel übertrieben? Alles! Aber das wird ja heute mehr denn je nur zu gerne gemacht (SUPER-Gau, HAUPT-Protagonisten etc.) – der Sport ist geradezu anfällig dafür – und nicht nur die unsäglichen Moderatoren bei Eurosport …auch die Öffentlichen wollen da nicht nachstehen (und ich meine nun nicht die dramatischen Verstärkungen  wie „es regnet draußen“ oder als Gag nur zu verstehen „und der Regen ist natürlich klitschnaß“– womit zumindest das bildhafte Beschreiben zusätzlich unterstrichen werden soll).
   Gut, daß ich die Leichtathletik-EM in ARD und ZDF gucken kann und mich nicht über Eurosport echauffieren muß wie bei der Tour de France, wo mich das Öffentlich-Rechtliche den fürchterlichen Nieten von Eurosport gnadenlos ausliefert…(taktlos, schamlos, zynisch, billig – was für unangenehm labernde Zeitgenossen, unablässig bemüht, ihr Unvermögen frotzelnd zu überspielen in Ergänzung von nervtötenden Reklamen).
   Aber auch das „gute TV“  berichtet zeitgerecht, will sagen, schreckt nicht vor gräßlichen Fehlleistungen zurück (bitte, nein, ich will nicht der Korinthenkacker sein, aber wenn schon Profis ihre Arbeit machen, dann doch bitte vorbildlich -bei Mathematikern lasse ich eine Einmaleins-Schwäche auch nicht durchgehen). Hier eine kleine AUSWAHL von Kloppern – einzig und allein nur vom 1. Wettkampftag:
Supergau und Hauptprotagonisten (erwähnte ich schon eingangs, noch mal hier, weil es so toll daneben ist);
sie ziehen ihre Regenschütze an – oder Regenschützen? Weder noch: Schutze!
Er ist der vermeintlich beste Teilnehmer im Starterfeld  (der Sprecher ist vermutlich nicht der Beste, er ist vermeintlich der Beste, hätte er sich mit Vorschuß-Lorbeeren ans Mikrofon begeben) – das Wort „vermutlich“ scheint im Sport nahezu ausgestorben, immer sind es vermeintliche (irrtümlich geglaubte) Favoriten…gruselig (ob jemand der vermeintliche Favorit war zeigt sich doch erst bei Vorliegen des Ergebnisses, wenn es nämlich NICHT wie vermutet gekommen ist!);
das gibt ein paar Punkten mehr (Punkte! Es ist wohl die Rede von Punkten, aber noch ist die Mehrzahl PUNKTE;
sie müssen hier mindestens 110 % geben (liebe Kinder, der Onkel am Mikrofon ist nicht schwach im Rechnen, er ist einfach nur zu blöd, „alles geben, sich total verausgaben“ zu sagen – er meint  „über sich rauswachsen“ – aber mehr als hundertprozentig ist es dann immer noch nicht, weil das halt nicht geht);
und dann sucht er den zweiten Socken (vermutlich in jeder Ecken);
dabei hat er ganz leicht die Latte gestriffen (gestreift!) – übrigens war der Moderator verunsichert, fragte noch mal beim Co-Moderator nach und man stimmte sich zu zweit ab auf „gestreift“ – immerhin – das war so, als käme ein völlig verprügelter Anzeigenerstatter zur Polizei und der aufnehmende Beamte fragt noch mal  beim Kollegen nach, ob er wegen Diebstahl oder Körperverletzung protokollieren soll…
Antisympathie (das wird bei der Rechtschreibprüfung noch nicht mal gekennzeichnet …der Unfug ist ja auch richtig geschrieben – aber Antipathie wäre doch eigentlich als bekannt vorauszusetzen.
Die Lokalmatadoren (das gebe ich bald auf, hoffnungslos – es ist die Rede von Matadoren, ja, aber es sind nun mal die MatadorEEE!);
ein paar mehr Zuschauer (das ist schon geradezu üblich, das Ami-Gelaber 1:1 zu übernehmen – bislang heißt es immer noch „ein paar Zuschauer mehr“;
bei der kühlen Witterung ist so ein Mädel schnell durchgefroren – sie braucht dann schnell ihre Jacke (wenigstens nicht „ihren Jacken“ – aber DAS Mädchen, Pardon, Feministinnen – den Protest kann ich zwar wirklich gut nachvollziehen, jedoch: es ist wie ES ist);
Und auch Freudsche Versprecher, ganz klassisch: „Wir bleiben auf der Polin“, er meint die Kamera-Einstellung, der Schmecklecker – eine dieser lieblichen Gazellen (anmutig in Laufen oder Springen) im Sucher, da spielt doch mehr hinein… sind eben nur …Männer.

„Ja“ - ich bin ein Spitzklicker, ein Giftzwerg –„okaaay“, der mit Notizblock an der Glotze sitzt – aber es hat sich doch wieder mal gelohnt, finde ich – gute Ausbeute gemacht.
   Und wer mich nun beschimpft, ich sei doch wirklich „ein Kakerlaken“ …eine Kakerlake bitte!  ;-)
   Als Zugabe noch was aus der Werbung – offiziell so abgedreht und ausgestrahlt, kein Live-Fehler: „Eine Flasche des neuen Spülmittels schaffen diese Wegstrecke von ungezählten Tellern!“ Kann ich nicht bestätigen, aber mich schafft das auf alle Fälle! Wenn auch die Teller in der Mehrzahl sind – die Flasche ist in der Einzahl (obwohl…nun erkenne ich bei genauer Betrachtung der Sprachverwirrung eine zweite Buddel).
 Die Preise verteuern sich (ungenau – die Ware verteuert sich, die Preise steigen oder fallen).
   Und nun noch das jährlich wiederkehrende Schmankerl aus der Provinz: Hierzulande heißt es „Zwetschgen“ statt Pflaumen. Gut und schön, aber laut Mundart heißt eine Kirmes in der Nähe, Obacht, liebe Kinder, das steht so auf den Plakaten, bitte nicht abschreiben:
K W Ä T S C H E kÄrmes – wer setzt da noch einen drauf?
Ach, Heimat (seufz). Dialekt („Platt“) sehe ich ungern nach. Es soll ja so heimelig verbinden, und doch ist es etwas, das andere ausschließt, finde ich.
Dat kann isch nit good finne. Oder so. Oder lieber nicht. Ist auch ein anderes Kapitel.


*Was mich seit Jahr und Tag bei deutschen Sprechern (bei anderen weiß ich es ja nicht) aufregt, ist diese patriotische Hochmütigkeit, wenn es mal gut für unsere Athleten läuft. Ich freue mich durchaus mit, aber diese Sprüche, die dann vom Stapel laufen …einfach nur schrecklich, das ist nicht mehr im Bereich vom „Positiven Denken“ – das ist ausgemachte Beschränktheit. Für mich die Folge: Fremdschämen.