Samstag, 29. Juni 2013

Dejà-vus der Nacht


Hakende Träume

Es ist ein Phänomen, über sechzig Jahre nicht gekannt, und nun ist es da, eine Art Endlosschleife: meine Träume treten auf der Stelle! Es kommt immer häufiger vor, eine banale Szene – und sie spielt wieder und wieder. Ich fahre um eine Kurve – und zack: ich fahre wieder um die Kurve – die gleiche wohlgemerkt. Ich hieve einen Koffer ins Auto, will losfahren, und was ist – schon schleppe ich wieder den gleichen Koffer nochmals ins Auto. Wieder und wieder, noch und noch. Ja meinen Sie, ich würde mal erfahren, wohin es gehen soll? Nix. Wenn ich wenigstens das Tor zum Sieg, womöglich der WM schösse; oder über den Zielstrich führe auf den Champs-Élysées als Etappensieger und gleichzeitiger Tour-de-France-Champion  – gerne …aber immer wieder einfach nur durch ein Ladenlokal gehen, irgendwo im Regen einen Schirm aufspannen oder nach dem Pieseln den Reißverschluß hochziehen – also bitte.

   Dieser Nummer vom hakenden Traum, die tritt neuerdings immer häufiger in Erscheinung. Vielleicht ein Alterungsproblem? – Nichts da, niemand kann mitreden, kennt kein Schwein außer mir.

   Bin ich jetzt ein TV-Opfer? Aber die wiederholen in ihren Boulevardreportagen stets in Zeitlupe, noch mal und noch einmal. Und dort ist es dann etwas, von dem zumindest die glauben, es bedürfe der beharrlichen Wiederholung. Aber diese unscheinbaren Sequenzen bei mir, die mir da im nächtlichen Kino offeriert werden, also – da komme ich nicht mit. Das kann ich nicht ergründen.

   Die Gnade des Aufwachens erlöst mich – irgendwann zwischen eins und drei, und dann trinke ich ein Käffchen. Ja, wirklich. Ich kenne Menschen, die trinken ab dem späten Nachmittag schon keinen mehr aus Sorge, nachts nicht schlafen zu können. Ich trinke eine Koffeinrunde, dann lese ich ein Weilchen – klappe die Kopfstütze meines einseitig belegten Großbettes*  wieder runter – und schlafe ganz sicher wieder ein. Zumeist ereilt mich dann keine neue Wiederholungsrunde, das ist der Trost, der mich gelassen in Morpheusinchens Arme gleiten läßt (ja meinen Sie, bei mir geht es nachts in eine Männerrunde? Sooo  alt bin ich ja nun auch noch nicht – und wenn ich andere sehe, so alt kann man als Mann auch gar nicht werden, hähähä – Spaß beiseite, da kann einer Spezialgott sein wie er will, die Göttin ist mir allemal lieber).  

*ach, ich bin ja so alleine – na gut, wenn man sich ins Abseits schnurchelt, dann ist das die Konsequenz

Freitag, 28. Juni 2013

waagemutig


waagemutig

Ich habe es gemacht, ich habe es wieder mal getan: eine neue Personenwaage gekauft. Schon die Mehrzahl irritiert – ob sie schon was ahnt? Die olle Vorgängerin war noch nicht digital, da drillerte eine Scheibe unter einem dünnen Strich – ohne Brille nicht lesbar – und das Nasenfahrrad  wog letztlich mit!!!

   Und ich zog schon aus, was auszuziehen geht (aus Jugendschutzgründen führe ich es an dieser Stelle nicht weiter aus). Nun ist es also eine junge, forsche Waage, die in relativ dicken Zahlen ungeschminkte Wahrheit vermittelt – und wer es nicht glaubt, der kann auch absteigen und bekommt mit den unter Schock aufgerissenen Augen weiterhin das festgehaltene Ergebnis offeriert. Gnadenlos (das Ergebnis wird aus Gründen des Datenschutzes hier nicht veröffentlicht). Unser erster Akt geschah im Treppenhaus, auf festem Untergrund. Kein Teppichboden. Skandalös – das konnte einfach nicht wahr sein.

   Dann bin ich die Treppe hoch und habe Chantal (gut Ding will Namen haben) an dem Ort ihrer Bestimmung im Bad abgestellt. Neues Ergebnis – 800 Gramm mehr! Ja wo sind wir denn??? Soll ich nun das Ding, Pardon, Chantal, am Wiegetag durchs Haus tragen oder was? Vergleichsmessung nun auf der ollen Olga, die auszurangierende Ex – Brille auf, also mehr Gewicht an mir! – und 300 Gramm weniger! Die gute alte Olga. Nochmals die neue, gottlob sprachlose Chantal: Das Resultat von vorher: immerhin ist das Luder zuverlässig. Irgendwie unerbittlich stur.

   Sabine hat ja auf LP eine Waage, die mit ihr spricht. Das wollte ich mir nicht antun, egal wie lieblich sie wispert. Bei Chantal verschwindet der Alptraum nach 15 Sekunden, sie hat letztlich doch einen Rest von Herz. Aber eben auch die jugendliche Gemeinheit ist ihr eigen.

   Was tun, fragt sich der giftzwergMÄÄN. Ich forsche mal in der Sprache nach, es gibt so viele Redensarten, das müßte mir doch Klarheit verschaffen:

Wer die Waage hat, hat die Qual.

Wer nicht waagt, der nicht gewinnt.

Waage, Waage, ich sage Dir …

Oder im germanischen Stabreim: Wiege, Waage! Wäge wohl!

   Ich könnte auch zu den anonymen Waagerianern gehen: Ich heiße Wolfgang und ich bin Wieger.

   Ist es eine Unterform der Bigamie, wenn man mit Chantal und Olga zusammenlebt (eine im Erdgeschoß, eine im Bad einen Stock darüber)? Und was wird Sabine dazu sagen?

   Na, da habe ich mir ja was ins Haus geholt …

 

Donnerstag, 27. Juni 2013

Interview


Interview

„Und nun noch ein typisches Geräusch!“ Die junge Frau vom Radio suchte mich im Büro auf, Mittagspause, versteht sich. Zum Verwaltungsbeamten würde mir außer Schnarchen nichts einfallen, wäre ja für das erwartungsfrohe Publikum gleich ein willkommener Gag. Und als Autor, für den sie eigentlich kam, fällt mir rein gar nichts ein. Gut, in meiner Dienststelle gibt es Tatü-Tata … nicht ganz passend für mich und meinen Büro-Beruf ; also hoch zur Polizeileitstelle. Der uniformierte Kollege ließ sich vom Mann am Nebentisch anrufen, Funkgepiepe, Stimmen. „Polizei Koblenz – gut, verstanden!“ und legt zackig auf. Wir hatten nunmehr ein berufstypisches Geräusch, meinetwegen.

   So war das vor vielen Jahren bei meinem ersten (und einzigen) Radiointerview. Der Fragenkatalog war halt Routine, warum schreiben Sie (und warum muß das sein?) – und so weiter. Hellhörig wurde die Reporterin, als ich ihr am Rande kurz mein Arbeitsgebiet schilderte: Diszis und Beschwerden und Regreß. Das mußte ich dann abkürzen, dafür war ich nicht autorisiert.

   Bei der einen Zeitung hieß der Artikel „Herz und Gefühl von der Polizei“ – auch nett gemeint.

  Am besten finde ich im Grunde genommen das Fernsehen (völlig ohne mich bislang) – aber die Methode ist auch immer Standard – vor dem Interview kommt diese Einleitung, da wird die gezeigte Person, die gleich befragt wird, gefilmt, wie sie so dahergeht. Bei Ungeübten sieht das immer albern aus, hölzern und völlig aus dem Tritt tapern sie durchs Bild, staksen zumeist debil grinsend auf die Kamera zu, ohne in sie nicht hineinschauen zu dürfen (das sieht man ihnen an) und gehen schließlich vorbei. Aus. In dieser Anmoderation wird dann immer etwas über die zu befragende Person erzählt und diese gibt anschließend das zu Sagende zum Besten. So läuft das ab. Immer. Ich bilde mir ein, irgendwann auch mal durchs Bild zu latschen und danach läßt man mich erklären, warum ich meine, so beharrlich verkannt zu werden. Oder sonst was.

   Wenn es dann eines Tages aber so richtig vorbei ist -  also, die quietschende Seilwinde für den Sarg kann es nicht sein; bei meiner Urne könnte als „typisches Geräusch“ eher das Platschen herhalten, wie die Urne ins offene Meer plumpst…doch halt, ja sicher, ich hab‘s: Ach bitte-bitte …recht viele Klageweiber! Das wäre mir heute schon ein Trost. Oh ja, das wäre mein Traum von einem berufstypischen Geräusch. Das Interview wird vermutlich leider nicht rechtzeitig erfolgt sein. Pech? Nun ja …