Samstag, 10. September 2016

Applaus, Applaus!

Tänzchen, Mätzchen – Ai fiehl gut!
(das macht man heute so)
Ich erinnere…(ja, also: MICH), wie das vor vielen Jahren begann: ein schwarzer Fußballer begattete sozusagen die Eckfahne, als ihm ein Tor gelang. Und das nahm fürderhin immer kuriosere Formen an zur Begeisterung der filmenden und knipsenden Öffentlichkeit und Medien: herrlich, die breitschwingenden kindischen Seglerarme, der Nuckeldaumen als Gruß an den Nachwuchs, auch gerne eine Armschaukel-Bewegung, geformte Herzchen als Minimaldarbietung, Posen größter Selbstbewunderung – und dann einstudiert mit mehreren, nicht nur Rasen-Knie-Rutscher – nein, kleine Choreografien (ich stelle mir vor, wie es Bestandteil des Trainings ist, „irgendwas Neues müssen wir machen!“). Ein bißchen Ringelpiez gehört in jeden Mannschaftssport, will man in den Medien vorkommen. Ach wie läuft es mir kalt über, nein, nicht wirklich vor Begeisterung.
Viel früher kam es schon aus Amerika, woher auch sonst, dieses Sich-selber-Produzieren – ein Showgast aus dem gelobten Land bei uns, ein bescheidener Gag – und dann eine Mätzchen-Bewegung, eine kleine gymnastische Einlage als Tusch in eigener Sache. Zuerst noch befremdlich, eigentlich unerhört –heute geradezu ein Mangel, macht man es nicht. Eine kurze Verbeugung bleibt nur ein Zeichen für Verklemmtheit (oder auch ein Zeichen wirklicher Größe, es nicht mehr nötig zu haben) – wenigstens theatralisches Ausbreiten der Arme, bitteschön. Je geringer in der Prominenz-Liga, umso mehr Aufwand des Auffallen-Wollens. Ich bin wer, ich inszeniere mich, ja, natürlich auch als Deutscher mittlerweile, warum auch nicht – wir sind wieder wer – was wäre ich ohne mich, sogar als Germane.
Und noch früher hatte es begonnen, in den Sechzigern ( jaja, bitteschön: Neunzehnhundertsechzigern, meine Güte, bin ich heute korrekt…) – komische Filmszenen, aber dem Publikum wurde auf die Sprünge geholfen – Applaus, aus Konserven eingeblendet. Aha, war wohl ein Witz gewesen, wir haben zu lachen, klar. Und dann verschiedene Sequenzen, die bei genauerem Hinhören sich wiederholen, vom kleinen Auflacher bis zum brüllenden Gelächter, brave gesittete Begeisterung bis hin zum schieren Ausrasten. Im Ausland klatscht man sogar für sich selber auch mit – nur wir sind dank der Erbschuld so verklemmt. ‚Loriot, Du Spießer – schau den Didi an – der ist vorne mit dabei, der machte uns schon damals international tauglich mit seinem Nonstop Nonsens!‘ Ach, herrlich, was wären wir ohne ausländische Empfehlungen, nein, wir gieren ja danach, schon klar. Wir lechzen nach Orientierung. Armes Deutschland. Herr von Bülow hatte noch unbeschadet die Kurve bekommen. Heute – aus der Welt.
Das Nachäffen scheint mir eine typische deutsche Berufung, und es nervt…also mich.
I feel good – besser als „Ich fühle mich gut“ – und wenn, warum nicht modern angepaßt ‚Ich fühl gut‘ – so inkonsequent können wir also auch sein. Man versteht es immer wieder, zu überraschen, also auch mich. Na, was noch nicht ist ….ich will es gar nicht erst beschreien. Es kommt immer noch „besser“, sicher doch – irgendwann ist es auch mir dann schnurz. Und sooo weit ist es ja auch für mich nun auch nicht mehr, dem allem natürlich zu entkommen.

Donnerstag, 1. September 2016

Neudeutsch

Neudeutsch – 
dem Schwachsinn keine Grenze!
Mehr doof geht nicht“
Es ist eine Erkenntnis zur heutigen Zeit, daß unsere Sprache mit Anglizismen angereichert wird – das hat es ganz früher mit Französisch auch schon gegeben. Sei es drum, chillen, sorry, sogar das im Englischen unbekannte Handy – geschenkt, warum auch nicht. Nein, darüber will ich mich nicht (mehr) echauffieren (na?). Gut.
Jeder hat so seine Schmerzgrenzen, die Bereiche, wo es einen fuchst, wo es nervt und man immerzu die Richtigstellung als notorischer Klugscheißer rausbrüllen möchte (bei mir chronisch: scheinbar/anscheinend, wie/als, einzigste, Beugung von orange etc., um nur ganz wenige Alltäglichkeiten anzuführen).
Ich hatte einen Kollegen, den nervte es, wenn von 150 % die Rede war, weil mehr als 100 ja nicht geht; einer meiner alten Polizeipräsidenten rastete schier aus, wenn statt Zahl oder Nummer Ziffer (außerhalb der zwölf Treffer) gesagt wurde. Zwei Beispiele, die bei mir nicht sonderlich zünden. Ich rege mich eher auf, wenn von trübe die Rede ist, also nicht das Wasser ist trüb – sonder: es ist trübe (und nicht: das trübe Wasser). Diese verspielten Anhängsel-E auch bei still und besonders ärgerlich heile (ob man lieber an das Gänschen denkt und nicht an einer alten deutschen Grußform kratzen möchte?). Ich sage doch auch nicht: Ich bin schon ganz wunde oder die Frucht ist reife.
Hingegen die Lust zu übertreiben – heute der allgegenwärtige gigantische Superlativ – schneller, höher, mehr und noch mehr, so auch Wort-Zugaben: VORprogrammieren, RÜCKantwort, SUPERgau …das ist schon normaler Sprachgebrauch, hat auch in Privatsender-Nachrichten Eingang gefunden – einfach GAU sagen geht nicht (viel zu unscheinbar, man hat dick aufzutragen). Wir sind schon so sehr daran gewöhnt.
Es gibt schlimmere Sorgen und Probleme, gewiß. Aber richtig ist schon schön. Zum Haare raufen (wehe, wer nun bei dieser altfränkschen Formulierung mich vor Augen hat und lacht…) ist hingegen die Verfremdung von Wörtern durch den Lauf der Zeit. Nur mal als Beispiel: geil. Früher eine eindeutige Beschreibung – und heute: alles ist immerzu geil, und zwar positiv gemeint, wie toll etwas sei. Um oben anzuknüpfen, cool lasse ich mir da schon eher gefallen. Aber ich kann es nicht ändern, es geschieht einfach so. Ein relativ neues Beispiel, der inflationäre Gebrauch von vermeintlich (statt des zutreffenden vermutlich). Ich schaue oft Sportreportagen – da ist es geradezu Usus geworden, stets das Wort vermeintlich statt des in Wahrheit zutreffenden vermutlich zu gebrauchen – daß es das Gegenteil bedeutet, schert keine Sau (der Gipfel: „Der vermeintliche Favorit hat erwartungsgemäß gewonnen!“ Also nicht „irrtümlich geglaubt, sondern als vermutlich eingeschätzt). Ach, es ist zum Ausrasten, und vor allem zum Kotzen, wenn es Leute falsch gebrauchen, zu deren Job es gehört, ordentliches Deutsch zu sprechen (Reporter, Journalisten!).
Dann lieber die dusseligen Jedermann-Nachplapper-Phrasen: Wie geil ist das denn!? Immer wieder gerne. Hallooo!? etc. – von mir aus (Okaaay….).
Aber auch die Verkehrung von „Entschuldigung“ ist befremdlich: Ich entschuldige mich dafür – na toll, braucht es der andere also nicht zu tun, dessen Part (ups) es wäre – denn man bittet um Entschuldigung, entschuldigen kann nur der andere! Sorry – statt: I beg your pardon. International, nun ja, es ist so gewünscht, das Bedürfnis ist vorhanden (huch: scheinbar und anscheinend sind hier denkbar). Und warum lange Worte drechseln, kurz und knapp: ‘Tschuldigung, so höre ich es überall, beinahe inflationär, das meint kaum ein Mensch ehrlich. Zeit ist Geld – Benehmen scheint eher Luxus. Sorry gut, alles gut. Excusez-moi.
Damit muß ich leben – Yes, I can. Wir schaffen das ….das schafft mich jedenfalls. Bangemachen gilt nicht? Es ist längst zu spät dafür. Das Kind ist schon viel zu lange im Brunnen. Und wie es stinkt…
Der eine oder andere Lapsus unterläuft jedem schon mal, das wurmt mich bei mir selber: da könnte ich zum Ratiopharm-Zwilling werden, ‘ne Fielmann-Brille holen oder gar Seitenbacher Müsli fressen ….Gott bewahre! NIEMALS DARF ES DAZU KOMMEN!!!
„Das hältst Du im Kopf nicht aus!“ Eine Jugendphrase aus meiner Zeit. Meine Mutter schüttelte immer den Kopf, aber amüsierte sich (vielleicht ist genau das der richtige Weg).
Einen hab ich noch: Warum ich rauh mit H schreibe, nach wie vor?
Die Ku steht ohne Schue fro im Stro, tut ihr nicht we – DARUM!!!