Sonntag, 27. Dezember 2015

Helene Fischer ohne Ende

Gnade, Helene – GNAAAde!

(Wird Frau Fischer ihr Versprechen für 2016 halten?)

Ein Jahr voller Helene – gefühlt kaum noch eine Unterhaltungssendung ohne sie (nun auch in Kürze per Krimi im Bild – als Killerin, was sonst – Leiche tut es nicht) –aber sie hat zugesagt, nächstes Jahr: weniger.
   Sie sackt nicht nur an Preisen ein, was der Arm noch zu halten vermag – sie moderiert auch die Sendungen dazu mittlerweile selber. Gibt es noch ein Produkt, für das sie nicht wirbt? Alles raffen, das ist noch nie gut ausgegangen, ich hoffe, sie ist eindringlich gewarnt worden: weniger ist mehr! Wer nervt, kriegt die Quittung – wir sind schließlich in Deutschland.
   Und sie fing so vielversprechend an: goldig und putzmunter, bestechend in der Disziplin, ein Vollprofi durch Fleiß und unkaputtbaren Willen geformt. Nett anzuschauen, manchmal sogar gut anzuhören – und stets viel riskierend.
   Ihr Festtagsgeseire habe ich wohlbedacht ausgelassen: allein die Hochglanz-Reklame, erotisch posierend für Weihnachtsklänge – das hat mich sofort abgestoßen. Eine weitere fromme Helene braucht es nun wirklich nicht.
   Reklamen unsäglicher Gestelztheit, den imaginären Brotkrümel keck beim Genuß eines Butterbrotes aus dem Mundwinkel streichend – Düfte und Haargedöns verschmitzt anpreisend und vieles mehr: es fehlen eigentlich nur Viagra oder besser die Kapseln zur unteren Abdichtung (und sie schützt höchst persönlich die Sexualfunktion, garantiert). Allein mit ihren Reklamen, und man kann ihnen nicht entkommen, könnte ich eine Seite vollätzen, aber halt – ich nehme nur mal die letzte Show ins Visier, die Helene-Fischer-Show 2015 (das Jahr ist wichtig, es gibt natürlich jedes Jahr eine; und andere Shows auch).
   Es ging mit dem Ohrwurm „Phänomen“ los (wie passend) – und beim Refrain „Du … bist ein Phänomen“ – und in der Kunstpause nach DU der auf mich dolchende Finger: das war schon der erste Pluspunkt!
   Es werden nahezu alle Neigungen bedient – jede Zielgruppe eingetopft, alles ist da: schreckliche Musicals, ausgemottete Revivals, Duette mit allen, die sich trauen – oder besser: in dem zuschauerstarken Format unbedingt dabeisein wollen. Am schlimmsten für mich selbstverständlich die Tenöre (gut, der einzelne Bocelli muß den Quark nicht auch noch mit anschauen) – aber Italienisch ist schon ein ganz starkes Minus bei mir, Tenor ohnehin – und dann noch im Rudel: das ist kaum noch an Belastung für die Nerven zu überbieten. Nur ein Trost, sie reden hier nicht zuviel, denn das quäkig-gezogene fingerspitzige „eee-äää-EEE“ – eine Folter für meine Ohren. Eine gewisse Guantanamo-Eignung ist dieser Sprache nach meinem malträtierten Gehör nicht abzusprechen!
   Gedoppelte Gesänge mit Lichtblicken. Wenn auch nicht der ölige Gabalier – der schließt nur den Kreis zur Margarinereklame. Schräge Stimme von Bryan Adams, aber solide Rockkunst; weiter der durch Juryteilnahme sich selber disqualifizierende Garvey überrascht mich mit einer vorzüglichen Cohen-Adaption, schön von Helene, also der schönen Helene, begleitet. Gelungen, Gänsehaut. Und das gestehe ich wahrhaft ungern zu. Lena, wie die meisten zweimal kommend (bei ihr unbedingt notwendig, so dünn wie sie ist, hätte man sie auch einmal kaum wahrgenommen).
   Kinder ohne Ende, einzeln und in Scharen – beruhigend, wenn es nicht zu lange geht, sonst ist die Plage schnell erreicht (Ausnahme-Kinder sollen auch solche bleiben, bitte). Endlos Musical-Tralala, das hasse ich besonders. Und wenn was gut läuft, gibt es zur Strafe auch noch eine Fortsetzung: jetzt zum Phantom der Oper noch eine schräge Panoptikumsvariante (wegen Berufsverbot für den Zwergen-Weitwurf arbeitslose Kleinwüchsige hier derzeit in Lohn & Brot)…warum fühle ich mich da immer angegriffen? Egal: schlimmer das nachäffende Rat-Pack (wobei der Name nun endlich einen Sinn hat) – ich verachte Musiker, die kein eigenes Image zustande bringen und sich mit dem Kopieren eines Stars brüsten – als Comedy stets willkommen, aber im Brustton der ernsten Überzeugung? Igitt (Tribute-Bands – ganz was Gräßliches). Hier wurden nun die toten Crooner belebt, bemüht, geschändet.
   Dann die nicht verebbende Masche Deutsch-Softie-Wimmerer, nun einer mit Nerd-Brille, singt von Kopf und Bauch (und erzeugt bei mir unmittelbar das dazu passende Wehgefühl) – man könnte sich fast die singende transsylvanische Warze wünschen – ein ganzer Kerl dagegen, das kleine rockende Maffaylein. Der ist aber derzeit bemüht, auf Loddar-Matthäus‘ Spuren anderweitig Rekorde zu brechen. Gut, zugestanden: Forster war nicht sooo übel – immerhin wurde uns dadurch eine der vorangegangenen Maschen, Dreimann/Einfrau-Gruppe erspart (quasi „Wir sind Silberjuli“). Ich bin ja schon froh, wenn mir der lästige, vor allem aber zweifellos scheinheilige Naidoo endlich mal erspart bleibt.
   Ach was könnte es in Deutschland so schön sein, gäbe es den heimischen Musikmarkt nicht. Wer hat das gesagt? (Ach so, ich, gerade.)
   Wir holen uns aber zündendes Zeug aus der Nachbarschaft ins Haus, zum Beispiel „Celtic – man sagt nicht ohne Grund Kel-TICK). Jungs und Mädels hoppeln was das Zeug hält (allein der Gedanke auf so einer Tournee: jeden Tag das Gehampel, wochenlang den Klicker-Klacker-Tinnitus nicht loszuwerden). Aber unsere Helene tappelt nahezu tonlos eine Runde mit – ein Geschenk! Wieder ein Pluspunkt.
   Der unvermeidliche Fiedler David G. – und Helenchen spielt in der Luft hinter und über ihm mit dem Feuer. Ob Verbrennungen zur Begründung der Jahrespause eingeplant waren? Man weiß es nicht. Aber 2016 soll öffentlich kürzer getreten werden. Ob sie der Flori klarmachen wird? Mein Gott, zu irgendwas muß der Silberfuzzi doch taugen!
   Aber es gibt stets Schlimmeres in der Unterhaltung: Es gibt Subjekte, dafür stellen sich nicht mal die Buchstaben unseres Alphabets in der Klassifizierung als ausreichend da: die widerwärtigen Protzprollis, die abstoßenden Blondinen, die um Sendeminuten in den Boulevard-Magazinen buhlenden Fußballerfrauen und sonstigen Designerinnen – da ist dann wirklich die Hölle „Zumutung“ erreicht. Nichts nutze sein und rein gar nichts können – und das dauernd selbstverzückt filmen lassen: Das ist letztlich der Dreck in Reinkultur. Warum ich es dann anschaue? Na, um mich aufzuregen!!!

   In diesem Sinne: Auf ein erregendes 2016, liebe Mit-Zuschauer!