Der
Promi-Händler
Sklavenhändler,
sagte neulich einer. Soviel vorweg: Keiner wird gezwungen, alles ist
freiwillig – Gedanken an Sklavenhandel weise ich entschieden
zurück. Absoluter Blödsinn!
Es
gibt ungeschriebene Gesetze, aber es gibt keine Garantien. Mit einem
Hit von vor vierzig Jahren läßt sich auch weiterhin noch leben, mit
einem Bestseller vom letzten Jahrzehnt nicht. Olympiasieg oder
Weltmeistertitel sind keine Garanten für unsterblichen Ruhm. Die Ex
von jemand Bekanntem sein kann weiter tragen, ein alter Mime ohne
neue Filme kommt nicht mehr zurecht. Traurig zwar, aber nüchtern
gesehen: die Realität. Es ist eine harte Zeit geworden. Auch ich muß
sehen, wo ich bleibe in diesem Optimierungsrausch.
Und
damit sind wir auch schon bei den beiden Gruppen meiner Klientel: Die
schon einen Namen mitbringen, also Altlasten einerseits (Vorsicht vor
der Falle „Tragik“), und die Träumenden, die
„Ich-möchte-so-gerne-einmal“-Leute. Diese Neulinge sind mir
weitaus lieber. (Posieren, das haben die Mädels schon früh geprobt,
umso besser, die smarten Softiebuben sind schwerer zu lenken.)
Ich
will mal so sagen: Wenn man den erfahrenen Prachtfisch am Haken hat,
den echten Prominenten, sich wirklich ganz und gar auf dessen
Management versteifen kann: Der Joker. Aber das ist nur wenigen
vergönnt. Die Schar der Willigen, frech gesagt, C-Klasse, alt wie
neu, ist schier unüberschaubar. Und sie brauchen eine Hand, die sie
lenkt. Und nur aufs Pferd helfen, um sie dann davonreiten zu sehen,
also bitteschön, blöde bin ich ja auch nicht. Wer bei mir „Vertrag
hat“, wie es heute so schön in der Fußball-Dumpfbacken-Sprache
heißt, der ist mir auch für längere Zeit verpflichtet. Nur durch
mich erhält SIE oder ER die Chancen, Sprungbretter zu nutzen, zum
Beispiel erster „Roter Teppich“ (Red Carpet, aber ich will mich
bemühen, unseren üblichen internationalen Jargon zurückzustellen).
Mit der unumgänglichen Unterschrift zu meiner Absicherung beginnen
ja meine Bemühungen für den „Möchtegern-Star“, und es ist
nicht immer alles erfolgversprechend, sie machen meist die
Anfängerfehler – auffallen, auf jeden Fall, aber nicht überziehen:
Das Gesetz Weniger
ist mehr gilt
unbedingt. Für den potentiellen Skandal ist nicht jeder geeignet.
Manchmal ist für ein hübsches Gesicht schon eine kleine Rolle in
einem Werbeclip der Start, entsprechende weibliche Körper an die
Seiten von B-Promis platzieren und zu Galas führen – ideal. So
manche Operation (Optimierung!) kann unerläßlich sein, auch bei
Herren, Metrosexuell ist heute ein Zeitzeichen.
Auffallen,
in den Fokus rücken, ganz ganz wichtig. Wenn sie erst mal bei
Preisgalas auflaufen, die halbe Miete. Wenn dann schon mehr Angebote
kommen, die Zeit des Klinkenputzens der Vergangenheit angehört, dann
kommen wir ins Rennen. Deshalb ja die Klauseln auf Jahre. Oft wird
dann schon gemault, zu gerne würden sie aus dem Vertrag raus, aber
so läuft das nun mal nicht – ich habe den ersten Schritt
ermöglicht, nun haben sie gefälligst abzuliefern, also Einsatz und
einen netten Obulus an mich, ohne Moos nix los, nicht wahr? Ich habe
ja investiert. Sie tauchen dann in der obligaten Presse (Yellow
Press) auf, kommen möglichst häufig in den Boulevardmagazinen vor
…egal, wenn nicht nur positiv: markant sein, sich eine Marktlücke
erkämpfen, so lautet die Devise. Was soll‘s, wenn sie mit einer
Schwäche/einem Makel daherkommen: das kann doch ihr Markenzeichen
werden! Sich davon zu distanzieren ist todsicher Harakiri, dann sind
sie wieder im Meer des Nichts. Und sie wollen doch Promis sein, also
dann bitte bei der Stange bleiben. Ein neues Image könnte später
zur Debatte stehen, wenn sie richtig Fuß gefaßt haben, nicht
früher. Eine „Umdeutung“, also neue Präsentation, birgt
gewaltige Risiken. Daran zunächst noch nicht einmal denken.
Und
wenn erst mal das Trash-TV erreicht ist, dann ist es eigentlich
geschafft. Dschungel, Kochshows und Klamottensendungen, Auswandern
oder Gärten betreuen, Reparieren und Testen, es gibt Dutzende von
Doku-Soaps, wer sich da seinen Platz erobert, ist in trockenen
Tüchern. Singerei, Big-Brother-Formate – hervorragend! Talkshows –
ganz große Klasse! Und Tanzen natürlich nicht zu vergessen! In
jedem Falle will ich beteiligt bleiben, so schnell lasse ich sie dann
nicht vom Haken, ich bin ja nicht bescheuert. Sie haben ihren Willen,
ich mein garantiertes Auskommen.
Schauen
Sie: Hausjurist, Sekretariat, das alles will unterhalten sein. Meine
Firma, Umschlagplatz für alle Verträge. Und meine Leute wollen
ordentlich bezahlt sein. Also muß von der Klientel abgeliefert
werden. Nicht immer klappt es, meistens eigentlich nicht,
Eintagsfliegen, aber es steht ihnen nicht auf die Stirn geschrieben,
ob sie allem gewachsen sind. Und das ist auch für mich spannend. Wer
zeigt Potential, wer hat das Zeug, sich zu bewähren, einmalige
Chancen beim Schopf zu fassen – immer wieder eine ungewisse
Herausforderung. Also – ich finde das spannend!
Wenn
dann mal Sucht-Vorfälle und Depri-Phasen kommen, übrigens häufiger
als man denkt, muß das nicht geschäftsschädigend sein. Richtig
ausgeschlachtet liegt bei manchen hier ihre echte Berufung. Tragik
ist nicht gleich Tragik. Klingt vielleicht hart, aber glauben Sie
mir, nur zu gerne machen sie letztendlich mit. Von ihnen selber kommt
der Ruf aus einer Klinik oder von einem Rückzugsort, sie haben Blut
geleckt, dankbar sind sie, wenn ich der Presse Hinweise gebe und
Paparazzi ganz zufällig ihre Kreise „stören“. Das ist sehr oft
abgesprochen, von mir gecoacht und eingefädelt! So läuft das!
Fettnäpfchen, gut platziert, sind Sprungbretter, wenn sie richtig
genutzt werden. Das richtige Format ist Grundlage für die
Weiterführung (bei Stars von gestern gibt es Plattformen, wo das
Publikum mitgealtert ist, man mag es Tingelei nennen, also
„Revival-Shows“ – das kann sehr lange gutgehen und tragen).
Ich
neige auch zu Szenen: Meine Güte, mußte sie jetzt mit dem in die
Kiste springen, herrje, konnte er denn nicht dieses eine Mal die
Faust in der Tasche machen – Du lieber Himmel, ausgerechnet jetzt
lassen sie das Maul laufen, es ist doch gar nicht abgecheckt, was wir
daraus machen können. Spannend, wie gesagt, die Aufgabe, das Problem
zu lösen, nicht unbedingt zu beseitigen: Was draus machen! Ich mag
meinen Beruf.
Gerne
auch eine Liaison anstreben, untereinander mit Win-Win-Aussicht –
der Zeitraum kann sogar im Voraus abgeklärt werden; und wenn’s mal
läuft – Wiederholungen. Bruch – gerne, aber laut! Alles ist
möglich und weitestgehend erwünscht. Kriegen sie sich oder haben
sie noch, wundervolle Angebote für das Publikum. Ein Kardinalfehler,
davor zurückzuschrecken! Den Leuten das Miterleben bieten, hautnah –
da kann nichts verkehrt dran sein.
Manche
bleiben auf der Strecke, dann erkenne ich auch, daß es keinen Zweck
mehr hat, zu investieren. Der Kampf gegen die Halbwertzeit; sie tun
einfach alles, das ist das Gute. Keine Grenze zur Peinlichkeit, kein
Schamgefühl: heute unersetzbar. Sonst brauchen wir gar nicht erst
anzufangen. Auch die noch so kleine Randnotiz, das Erscheinen auf
Sammelfotos – alles kann der Beginn für das Showgeschäft sein.
Und wer es nicht will, der muß halt selber weitersehen. An
Nachrückern mangelt es gewiß nicht, unzählbar die Schar derer, die
vom Kuchen abbekommen wollen. Also müssen sie auch was dafür tun –
nur sich ins Blitzlichtgewitter werfen, klappt nur als Lotteriespiel
– richtig aufgebaut werden, sich einlassen, dann ist auch viel
möglich. Garantien gibt es niemals. Wer seinen Vertrag voll erfüllt
hat, kann letztlich auch gehen, bitte, dort ist die Tür. Aber ich
sichere mich ab, da gibt es juristische Finessen, wie ich mir auch
meinen Anteil sichere, wenn sie glauben, mir entkommen zu sein. So
nicht! Es ist ein Geschäft, ich bin Geschäftsmann und es geht um
viel Geld – da bin ich wachsam. Wenn man dem nicht gewachsen ist,
sollte man die Finger davon lassen. Mich als aalglatt, rücksichtslos,
eiskalt und zynisch abstempeln – von mir aus, das geht mir am
Allerwertesten vorbei. Ich bin in meinem Fach auch Profi, ich
drängele mich nur nicht ins Rampenlicht!
Es
ist doch wie überall: Jeder ist selber am Ende seines Glückes
Schmied.
Und
komme mir nun bitte niemand mit Moral. Wie ist denn da der Staat
aufgestellt, der die Tabakindustrie zum Aufdruck von Ekelbildern
zwingt aber tüchtig die Steuern einsackt? Krokodils-Tränen.
Natürlich abgesichert mit diesem
„Wir-haben-doch-darauf-hingewiesen“….aber nur zu schön, satt
zu profitieren.
Und
Showstars als Vorbilder – nun aber mal Butter
bei die Fische.
Vorbilder sind Elternhaus und in der Erziehung und Bildung ist die
Schule am Zug. Der Politiker vielleicht ein Sonderfall, aber nicht
der Star vom TV. Öffentliches Ansehen und Auffälligkeit kann man
schon trennen. Die Eigenverantwortung, die bleibt doch wohl beim
Einzelnen. Wie gesagt: Es muß ja nicht jeder ein Promi sein – und
wer danach strebt, begibt sich dahin auf eigenes Risiko. Jeder muß
abwägen, wieviel er bereit ist zu geben. Behinderte wollen nicht
bedauert werden, Promis schon - wenn es hilft.
Mein
Job boomt nach wie vor – aber sicher ist nix. Wie Fabrikarbeiter
durch Roboter bedroht sind, die Musik- und Buchindustrie durch das
Internet, so lauert für Unsereinen auch Gefahr in der
Selbstvermarktung: Das vermaledeite Netz, die Jugend macht sich heute
selbst zu Stars. Das ist schon vertrakt. Aber es gibt noch genügend,
die uns, dem professionellen Management, vertrauen – Erfahrung
macht was, und wer sich sonnen will, muß es scheinen lassen. Ich bin
zufrieden, es läuft besser denn je.