Marotten,
Macken, Spleene, Ticks
(die
kleinen Unterschiede)
Bei
Kolumnen gerät man schnell ins Labern, Gedanken frei Schnauze
absondern, auch grobe Klarheiten nicht nur für andere locker
bekakeln. So geht es mir hier um die Gleichheit der Menschen. Ja,
Grundgesetz: Alle Menschen sind gleich – der Gleichheitsgrundsatz –
was aber bedeuten soll, daß alle von gleichem Wert sein sollten.
Kühnes Ansinnen, aber daß sich alle gleichen, ist eh eine
Phantasie. Ich will nun gar nicht mit Fingerabdruck, Iris und was es
sonst noch so an individuellen Merkmalen gibt anfangen, es reicht,
die einzelne Kreatur zu betrachten: „NiemandIN“ (der mußte nun
sein, wie gesagt, Kolumne) gleicht auch nur sich selber (die zwei
Hälften des Menschen: absolut nicht symmetrisch). Und das sind ja
nur Äußerlichkeiten. Was hier mein Thema sein soll, sind lediglich
die inneren „Werte der speziellen Art“.
Vor
vielen Jahren hatte ich ein launiges Gespräch mit dem Personalchef,
der verbal die Hände über dem Kopf zusammenschlug, was für ein
schräger Vogel sein Vater sei: der decke abends immer schon den
Tisch für morgens …Teller, Tasse, Besteck – ein Ritual in einem
Zeitwert von rund zwanzig Sekunden oder so. Er lachte über seinen
alten Herrn; daß er dessen Verstand aber in Zweifel zog, war
unüberhörbar.
Ich
hörte es mir an, dachte an meinen Vater, der als letztes
Familienmitglied zu Bett ging, zuvor aber noch an der Wohnungstür,
leise zählend, fünfmal die Klinke runterdrückte und rüttelte, was
das Zeug hielt. Meine Mutter fiel mir ein, die auf wenig im Leben
bestand, allerdings Wert darauf legte, daß die Küchenuhr, IHRE UHR,
stets zehn Minuten vorgestellt zu sein hatte – und da verstand sie
keinen Spaß, wenn man auch nur wagte, daran zu rühren ( ihre
Begründung war der sie so gnädig erleichternde Moment: „Mein
Gott, schon sooo spät – ach nein, sind ja noch zehn Minuten mehr
Zeit!“). So lebten wir – und damit lebten wir. Wem schadet das?
Ich
kommentierte das vorwurfsvolle Entsetzen des vorgesetzten Beamten
nicht weiter, warum auch, gehörte er doch zu denen, die ich auch
heute noch im nostalgischen Berufsrückblick allgemein als erträglich
bezeichnen kann (und das ist gewiß eine gehobene Kategorie).
Ich
erwähnte meine Eltern also in dem Moment nicht, was mit Sicherheit
ein beflissener Radfahrer spornstreichs arschkriecherisch getan
hätte. Viel naheliegender war für mich ihm klarzumachen, daß ich
das prima fand, das mit seinem Herrn Vater – und daß ich es auch
so handhabe (was damals, ehrlich zugegeben, noch nicht zutraf). Er
erschrak ein wenig, da ihm auch nur der Ansatz zur Einsicht in das
befremdliche Verhalten völlig abging. Ich erklärte es ihm: Wenn man
ein wenig zur Melancholie neigt, und ich rede hier nicht von
Depression, dann ist dies ein momentanes Gefühl der leichten
Befriedigung sich zu vergegenwärtigen, es ist schon etwas
„vorbereitet“ – man fängt also den Morgen nicht bei NULL an,
es ist schon etwas zu sehen, bereits getan. Der alte Herr hat sich
selber den Anstoß für den Tag gesichert. Ich rieb ihm nun nicht
unter die Nase, daß sein Vater schließlich Witwer sei, ob er daran
gedacht habe. In meinen Augen verschaffte sich der gute Mann damit
eine kleine Lebenshilfe, eine Krücke.
Natürlich
begriff es mein Gegenüber nicht, und so vertieften wir es auch nicht
– es ist wie der Streit um Kunst, Geschmack schlechthin – es
bringt nichts. ManIN (noch mal so ein kleiner Kick!) fühlt es –
oder auch nicht.
Wann
ich wirklich begann, abends und seit einigen Jahren sogar in der
Nacht, Vorbereitungen für den kommenden Tag zu treffen, weiß ich
nicht mehr genau zu sagen – aber es hilft mir: Ich helfe mir also
selber. Ich saufe nicht, rauche rein garnichts, ich schlucke auch
keine nennenswerten Pillen, aber ich verfüge über meine eigene
Lebenszeit nach meinem Gutdünken.
Schön,
keine Rechenschaft schuldig zu sein / reine Vernunft offenbaren zu
müssen. Der Wert, den auch nur so eine kleine Eigenheit hat, den
kann eine außenstehende Person ohnehin nicht nachvollziehen –
also. „so what“, wie es so schön neudeutsch heißt.
Jetzt habe ich Tränchen im Auge, denn das hat mich an meinen verstorbenen Daddy erinnernt. Auch er hat es immer gemacht und als ich in D. war wurde es auch weiterhin so gemacht (Frühstückstisch für Mum und mich). Ich selbst bereite ab und zu was vor d.h. am Samstag wenn ich zum Rastro fahre steht schon die Thermoskanne parat, meine kleinen Wasserflaschen sind aufgefüllt...aber das eigentlich weil ich keine Hektik am Morgen mag und es halt schon vorbereitet ist.
AntwortenLöschenAlles was ein gutes Gefühl macht sollte man machen, gell^^
Liebe Grüsse
N☼va