Drei Leben
Nun bin ich
wieder zu Hause, bei mir daheim. Allein. Die Wintermonate auf der Insel sind
vergangen, ich habe den Frühling mitgebracht. Die gemeinsame Zeit ist wieder
mal abgelaufen, es fühlt sich von Jahr zu Jahr schneller an. Der Winter ist hier
weitgehend ausgefallen, so erfahre ich. Die Sonne ist bei mir. Mein Leben.
Kein grüner Geier ( pardon, Chico) versucht
mir das Hosenbein hinaufzuklettern. Kein Hund ist zur Ordnung zu rufen – auf
der Insel hat Benno (der Große) nun zu wachen über seine Frauen, Chica (die
kleine Hündin) und auf unser aller Chefin. Keine Piepelchen bringen mir im
Westernwood jubilierend das Gehörwasser zum Rotieren – hier fahren Autos am
Haus vorbei, es hält sich aber in Grenzen. Und ich fahre nun auch wieder: Hosianna
– das Lenkrad wieder selber in der Hand, herrlich (pardon, Inselmaid). Und
keine gnadenlosen Niederlagen mehr im Tridomino – Solitär spielt sich wieder fast
von allein, ich habe den Weg ins Ziel nicht vergessen!
Es fehlt also der geregelte Ärger des zweiten
Lebens, des gemeinsamen; auch die schönen Gemeinsamkeiten, natürlich! Geregelte
Monate der Unterbrechung, es wiederholt sich alles – und ich hoffe, noch sehr
oft.
Im Radio wieder der Müslidepp, der so selbstherrlich,
aber unvergleichlich untalentiert, seinen Namen aufdringlich in die Ohren
Unschuldiger reinzwingen will – dann doch lieber die beiden Vögelchen Piepel
und Puschel.
Mein Girokonto hat sich allein
bewirtschaftet, viel ist nicht dabei rumgekommen, auch ohne Bücher-, CD- und
DVD-Käufe kein grüner Zweig in Sicht. Wegen der ellenlangen neuen IBAN schicken
alle Abo-Geber einen Cent; es muß seine Ordnung haben mit der Abrechnung. Den
Essenplan der Metzgerei habe ich begrüßend studiert, Altvertrautes lockt. Der
große Kühlschrank ist auch gefüllt, alles erneut auf Anfang.
Über das dritte Leben, das der Chefin, bin
ich per Skype weitgehend aktuell Tag für Tag im Bilde. Es klappt auf die Ferne,
Unerfahrene verstehen das nicht.
Und nun also wieder mal Haus und Hof betreuen, erneut literarisch arbeiten. Das
Frühjahr lockt mit den Radsport-Klassikern in der Glotze, ich nähere mich dem
1. Mai – meinem größten Feiertag – seit über 45 Jahren bin ich dann in Frankfurt.
Eine feste Bank, den Radprofis an Ort und Stelle ganz nah. Und die Fußball-WM
wird auch noch kommen – es gibt viel zu tun, also gebannt und mit frohem Herzen
zu schauen.
Ich verstehe nicht, wie ich über vierzig
Jahre die Tage im Büro verplempern konnte. Und dann über Jahrzehnte um 5 Uhr in
der Früh aufgestanden, unfaßbar – für andere noch nie nachvollziehbar, für mich
selber nun auch unbegreiflich – wie kann man nur …auf der Insel höre ich dann die
Hähne rufen, ich lächele zufrieden und kuschele weiter – und bald in wenigen
Monaten schon wieder. Die Jahre laufen dahin.
Es lebe das Leben – oder die Leben.
Diese drei Leben, alles im Lot – ich werde
es nie mehr tun, meine Zeit mit „richtiger“ Arbeit vergeuden, mir selber versprochen!
Nachspann – Auf dem Weg
zum Arzt
Na; wieder
im Lande?
Äh – ja-a,
doch …halbwegs. Aber Kopfweh, Verspannungen.
Wie jetzt?
Sie waren doch im Urlaub!
Ja, die
ungewohnten Stellungen halt.
Hä? In Ihrem
Alter?
Gartenliege,
TV-Sessel, Terrassenstuhl …
Ach so – Sie
meinen die Einstellung.
Nein, die
war in Ordnung!