Goethe,
immer wieder Goethe
(eine
Annäherung auf dem Lande)
Der Literaturkurs der Volkshochschule Popeln erging sich bei seiner Zusammenkunft im Vorraum der Mehrzweckhalle selbstverliebt in der Erkenntnis, daß es die Honoratioren ohne Absprache geschafft hatten, sich in dieser Leistungsstufe zu treffen. Alle drei waren hochzufrieden ob ihrer elitären Runde, die Frage nach der Durchführbarkeit infolge ihrer geringen Anzahl löste keinerlei Bedenken aus. Drei Deutschlehrer, sich gerne als Germanisten sonnend, wollten sich über ihren Goethe erbauen.
Johann Wolfgang von Goethe, Klassiker, um Achtzehnhundert. Das ging nun wirklich nicht, auch in Zeiten von Smartphones und der Googlerei jederzeit und überall, nein, da reiche nicht mal das 1749 bis 1832, auch nicht unter Beifügung von Frankfurt und Weimar. Das erwarte man nicht nur von Primanern – es sei schon zumutbar von ‚am 28. August 1749 zu Frankfurt am Main geboren und am 22. März 1832 in Weimar verstorben‘ wie aus der Pistole geschossen aufsagen zu können.
Da man aber, die unterschiedlichsten Quellen bemühend, sich nicht mal die jeweilige Stunde des ermittelbaren Wochentages, lediglich rudimentär auf Tageszeiten zu einigen verstand (jeder zückte noch mehr Materialien und Gedrucktes aus lange vergangenen Zeiten), war es letztlich doch absehbar, daß der Kursus nicht nur wegen geringer Teilnehmerzahl abgesetzt wurde; vorerst sollte es zu keinen weiteren Literaturseminaren in Popeln kommen. Es wurde notgedrungen in tiefster Resignation eingesehen, das infolge des ‚Zeitablaufs‘ die Befragung von Zeugen aus dem Umfeld zu dem entstandenen Grundproblem unmöglich war (fast zweihundert Jahre lag alles zurück). Daher trennte man sich nach dieser ersten, jeden Zeitrahmen sprengenden Zusammenkunft (man munkelte noch tagelang von über fünf Stunden erhitzter Debatte). Unbefriedigt, hoffnungs- und ergebnislos trennten sich die drei erbitterten Eiferer.
Die VHS Popeln bot zunächst kein weiteres Seminar wegen der Inakzeptanz durch die breite Masse an. Man wolle es aber im kommenden Jahr mit einem Rap-Kurs, fußend auf Goethes Faust – ein wenig Goethe geht letztlich immer - auf einem neuen Weg versuchen, so ist auch noch nach Monaten zu vernehmen. „Fack ju Göhte“ sei Dank schaute man hoffnungsfroh auf das kommende Jahr, viel Jugend erwartend – denen die krassen Daten schnuppe sind…ich schwör!