Und
so ist es jedes Jahr
(aus
der Reihe: Alle Tage Alltag)
Ja,
die Bürgerpflicht: mich trifft sie bei meinem Eckgrundstück
doppelt: besonders beim Stutzen
der Hecke.
Es
ist mir eine Überwindung, alle Jahre wieder (ich merke gerade,
darüber zu schreiben fällt mir wesentlich leichter – und das
dürfte wohl allgemein seltener der Fall sein – obwohl manche ja
mitunter stöhnen: ach, da könnte ich ja ein Buch drüber
schreiben).
Am
liebsten schneide ich zu den Nachbarn hin, da wird nur mal kurz
geäugt („Ah, schau an, ‚der‘ hat sich mal wieder einen Ruck
gegeben“). In der Höhe zu stutzen kann ich auch noch aufschieben,
und das liegt mir, dieses ‚Erst-mal-nixtun‘, kann ich mich doch
auf den Schutz für die Vogelwelt berufen; schon gerade in meiner
grünen Monster-Begrenzung wird gerne gebaut und Familie gegründet)
– aber zur Straße hin, da muß es nicht wieder zu einem ‚Blauen
Brief‘ der Gemeinde kommen. Also ran ans Werk, an die wuchernde
Wildnis. Denn auch die braune (deutsche) Tonne will befüllt und
korrekt abgestellt sein (haben Sie das auch schon bemerkt, je mehr
wir beim Müll mitarbeiten, je weniger der Landkreis tut – umso
mehr darf der Bürger zahlen!) …ich schweife ab.
Ich
scheue aus Erfahrung die Straßenseite, schon gerade die Seitenfront
mit dem Bürgersteig. Dort kommen die entfernten Nachbarn vorbei. Die
älteren Damen ‚gehen‘ ja noch („jaja, nix als Arbeit hat
man…und das wächst und wuchert aber auch wieder“) - so in der
Art. Sie bleiben jedenfalls nicht stehen, und das finde ich auch gut
so. Die ‚ollen Säcke‘ aber sind es (wie jetzt, Spiegelbild?) –
die betagten Knaben, wo es doch heißt, sie hätten keine Zeit, immer
unter Zeitdruck und so, schon gerade die finden auf einmal Lust und
Laune, stehen zu bleiben, irgendeiner so sicher wie Sauerkraut zum
Eisbein (was soll das jetzt?) – und aus der Erfahrung weiß ich,
daß ich just in dem Moment noch eine andere Heckenschere oder
Astschere brauche – eile unverzüglich ins Haus, trinke dort aber
ein Käffchen und schätze ein, daß sich der Nervtöter inzwischen
getrollt hat.
Besonders
heiße ich ja den Beratertyp ‚willkommen‘; der baut sich dann
auf, macht die Armschlinge oder legt die Hände ineinander – wenn
er Luft holt, bin ich schon weg. Nicht immer bemerke ich einen
Heckengast bei der Annäherung, wohl aber meinen zuverlässigen
Labersack von 5 Häusern weiter, der keckert sich schon näher, es
klingt wie das zaghafte Wiehern eines albernen Gauls, und der kommt
immer – immer! – egal, zu welcher Tageszeit ich mich ans
ungeliebte Werk mache, und zwar alle Tage wieder – denn ich teile
mich ein, mache seit einiger Zeit lieber häufiger kurz als einmal
lang (woran erinnert mich das jetzt, egal) – es soll jedenfalls
nicht in Arbeit ausarten, niemals (und nirgendwo).
Vor
wenigen Jahren hatte ich es schon mal mit der Mark-Twain’schen Tom-
Sawyer-Nummer versucht, als jener mit Inbrunst den Gartenzaun von
Tante Polly zu streichen hatte, dies aber mit einer solchen
Verzückung gestaltete, daß andere Kinder ihn baten, doch auch sie
mal an den Pinsel zu lassen – und er sich gegen einen Obulus
breitschlagen ließ, das Vergnügen zu teilen und die Rasselbande in
Reih und Glied einteilte, daß auch jeder mal rankam …da hatte mein
Nachbar-Schlitzohr aber dann doch den Braten gerochen. Seitdem nähert
er sich keckernd, er rechnet mit meinem Jux, der lästige Zausel.
Schlimmer
sind Begegnungen mit Unbekannten, die sich aber als persönliche
Ratgeber entpuppen, wie ich optimaler die Elektro-Sense handhaben
sollte, wo noch was ihrer Meinung nach übersehen erscheint, und ich
nur noch maulfaule Loriot-Antworten gebe („Ach was?“) – aber
was von sich zu geben gehört zum ‚guten Ton‘ – so sagt man.
Und
dann noch die zwischen ‚Du‘ und ‚Sie‘ salbadernde
altertümliche Land-Gattung, die einen in der Mehrzahl anredet („Habt
Ihr ja wieder ordentlich was vor Euch, wat“ oder „da habt Ihr ja
nicht mehr viel – ist bald vollbracht, wie immer“) – hö hö
hö.
So,
ich muß ein Ende finden – jetzt am frühen Morgen, so ist derzeit
mein Erfolgsrezept, wo alle denken, oh, der will der Hitze
zuvorkommen – es stimmt nur zum Teil: die Brötchen-Holer
defilieren, und die wollen heim zum Käffchen. Und das gehört
freilich ausgenutzt – meine Chance zur wortlosen Pflichterfüllung.