Donnerstag, 24. Oktober 2013

SAG DOCH WAS!


Sprachlicher Schnickschnack

 

So lange ich mich erinnere, und da kommt schon was an Jahrzehnten zusammen, war es zu jeder Zeit so, daß sich die Sprache aktuell anreicherte, lebendiges Deutsch also; dem vermag kein Mensch „in diesem unserem Lande“ zu entgehen. Meine Mutter amüsierte sich, wenn ich zum Wochenende nach Hause kam und „moderne Sprüche“ klopfte wie „Das hältst du im Kopf nicht aus“. Und mir war das gar nicht bewußt – das sagte man halt so.

   Den Zeiten später mit geil und voll krass vermochte ich dann doch bewußt zu widerstehen (bei „echt“ war ich noch im Rennen). Aber allem kann man sich nicht entziehen, auch als sogenannter Erwachsener nicht. Es ist Aufmerksamkeit angesagt, will man sich dagegen wappnen. Ich fange mal zaghaft an:

   Nervig könnte man beispielsweise die Doppelungen finden – Rückantwort, Verständnisfrage, vorprogrammieren, zurückerinnern, ferner die dümmlichen Bekräftigungen wie: es regnet draußen, schnell rennen, die flapsigen Formulierungen „nee, oder?“, „das glaub ich jetzt nicht“, „wie toll ist das denn?“ etc. - Gut, gefeit sind wir da alle nicht.

Ich bin wenigstens auf der Hut, wie Sie merken. Nun heftiger:

   Unausrottbar sind die von Unsicherheit gesteuerten Sprachverzögerungen. Freies Sprechen, garniert mit viel äääh und der Knaller in meinem Bekanntenkreis: Da sagt einer stets ömmm – und nun raten Sie mal, wie intern sein Spitzname lautet. Ja genau, der Ömmm. (Wie – ich stecke wohl dahinter? Das glaube ich jetzt nicht! Das ist voll nicht wahr, schwöre!)

   Ich komme nun zu den aktuellen  JA-SAGERN – ein echter Hit, wenn man mal drauf achtet: Es ist wie eine Pest. Jedes Interview, speziell bei Sportlern, die es stets noch nicht wirklich realisiert haben - sobald mit der Sprache kurz innegehalten wird …ja, dann beginnt man so das ganze … ja, fortzusetzen. Einer der Spitzenvertreter hierbei ist unser Sebastian Vettel - aber nahezu kein Satz ohne Übersprungs-Ja! Und ich bin sicher, er weiß das gar nicht, sowas schleicht sich ein, und dann pflanzt es sich fort, einem Virus gleich. Allerorten von jedermann höre ich das mittlerweile. Ich neige zu der sarkastischen Empfehlung: „Wenn Du nichts zu sagen weißt, sag doch einfach …JA!“

   Das kommt dem Schweizer Satzanhängsel oddrrr? schon nahe, nicht wahr? Bleiben wir im Lande: Gell? Woll? Ne? In jeder Region was anderes, aber allen gemein – es wird vom Sprecher im Grunde gar nicht bemerkt. Und wehe, man achtet darauf – ein subtiler Terrorismus.

   Ich selber leite Telefonate gerne mit JA ein, ich wähle, dort meldet sich eine Stimme und ich beginne mit Ja, Becher, Hallo und guten Tag. Ich bin verwundert, daß mir noch kein Fremder/ keine Fremde mit „Schönen guten Tag, Herr Jabecher“ geantwortet hat. Aufgemerkt: Immerhin habe ich es schon persönlich bemerkt!

   Verknappungen sind auch so eine Geschichte für sich: „Entschuldigung“, das hat sich schon fest eingebürgert, „Glückwunsch“ ist auf dem Weg (klingt so persönlich und freundlich wie „Feierabend“). „Grüß Dich!“ (Wieso sollte ich?)

   Der neueste Horror, den ich unsäglich finde, weil ich den Fehler begehe, es unablässig zu bemerken, ist dieses langgezogene Okaaay in Unterhaltungen. Achten Sie mal drauf (warum sollte es Ihnen besser ergehen). Es wird was erzählt, und der andere fügt ab und an sein OKAAAY bei (und es heißt dann sowas wie – ich bin immer noch wach; komm zum Punkt; muß ich immer noch zuhören?). Es heißt doch eigentlich nichts anderes als Ja und? Bei Loriot kam das besonders lustig rüber – der pflegte Ach was? einzuflechten – mehr Desinteresse geht nicht.

   Die Leute brauchen solche Orientierungen der Neuzeit im Neuland, sie sind doch modern auf Augenhöhe – eigentlich wird blindlings nachgeplappert, das läuft unterschwellig ab, infiltrierend. Diese Infizierung geht klammheimlich und schleichend vor sich – Rette sich wer kann. Wirklich dagegen gefeit ist Nobody. Es bleibt die Hoffnung, daß es wieder mal eine befristete Marotte ist und es sich von selber legt …ja, ausstirbt sozusagen. Das macht Sinn, meine absolute Reizformulierung (nichts anderes als die wortwörtliche Übernahme des vermaledeit einflußreichen US-Englisch, „making sense“)*, aber darüber hatte ich mich schon einmal  ausgelassen, es ist hoffnungslos, das hat sich so eingebürgert und das steht unverrückbar da und macht auch wirklich vor niemandem Halt. Also nicht wirklich („not really“).

   Ach, ich kriege dann immer das Zipperlein, ich schaffe es nicht, das hinzunehmen …ja, das halte ich im Kopf nicht aus.

 

*falls Sie nun gezögert haben – Sinn haben, nicht Sinn machen heißt es (noch immer) auf Deutsch oder das gute alte sinnvoll sein, aber das wird nun zielsicher abgelöst.

Sonntag, 20. Oktober 2013

DIE WITZISCHKEIT


Comedy – nun, ja

Ich lache sehr gerne. Es gibt auch immer was zu lachen. Mitunter im Fernsehen, oft bei sogenannten Comedians (sogar, wenn keine Lacher vom Band kommen oder von Claqueuren Live-Publikum animiert wird). Und bei Preisverleihungen zuzuschauen (Deutscher Fernsehpreis, Bambi-Verleihung), das amüsiert mich. Beides kommt vortrefflich zusammen bei der jährlichen Verleihung der Deutschen Comedy-Preise. Wenn man sich selber feiert, das hat was. Nicht immer nur „Kommst Du in meine Show, komme ich zu Deiner!“

   Ich bilde mir ein, wenn Leute nicht ausschließlich in ihrem Metier sind (also Schauspieler/innen auf der Bühne oder vornehmlich im Film) und Komiker auf der Kleinkunstbühne oder heute sogar in Arenen – wenn sie so halb privat glänzen, dann erfahre ich mehr über die Person. Warum ich das glaube, weiß ich auch nicht, die sind ja nur in einer anderen Rolle, aber wurscht, ich sehe sie auf einmal anders. Im Grunde genommen soll mich ein Comedian zum Lachen bringen - wie er sonst so im richtigen Leben ist, sollte doch egal sein. Ist es aber irgendwie nicht. Wenn ein Mime privat ein richtiges Arschloch zu sein scheint - und da gibt es wohl einige - dann wirkt es sich schon ein wenig ernüchternd aus. Es ist eine gewisse Distanz zu seiner Kunstausübung entstanden. Ich sage mal so: Es schmälert die Leistung in meinen Augen ein wenig.

   Zwei Beispiele extremer Art – dieser „Didi“ Hallervorden soll im Privatumgang alles andere als leicht zu ertragen sein, ich selber erlebe ihn in jedem Interview als besonders zähen Zeitgenossen, der so gar nichts mit Witz am Hut hat – er distanziert sich privat brüsk davon. Anders Otto Waalkes, an den kommt man als den eigentlichen Menschen gar nicht heran – der lebt den Otto, rund um die Uhr; und das hält er durch, Jahr für Jahr. Ob Scheidung und was weiß ich nicht alles, es gibt nur Klamauk bei ihm.

   Bei den Comedians halte ich mich mal speziell bei der männlichen Gattung auf. Nicht ohne Grund – dieses Jahr also einen Preis an die, ich sage mal: leicht gewöhnungsbedürftige Carolin Kebekus. Nun ja – etwas Besseres als Cindy aus Marzahn und Mirja Boes findet man allemal. Und es kann und darf ja nicht immer nur auf die großartige Anke Engelke, die kuriose Cordula Stratmann oder die wirklich talentierte Martina Hill hinauslaufen. Im Grunde ist es hierzulande eine Männer-Domäne. Bei Frauen kommt es einfach nicht so rüber, finde ich, aber es ist ohnehin Geschmackssache, und da verlasse ich mich auf … mich – auf wen denn sonst?

   Manchmal durchaus auch für Minutenvorträge witzig: der stadionbewährte Mario Barth, die voll krass integrierten Türken, der diabolische Ingo Apelt, mitunter Locken-Atze oder gar Paul Panzer. Aber wirklich nur ab und an – das sind alles Spaßvögel, die die Grenzen sehr weit gesteckt haben. Nach der legendären Lach- und Schießgesellschaft mit noch richtigen Kabarettisten (selbst in der anfänglichen Nachfolgezeit) erwuchs alles aus dem hausbacken generationsüberschreitenden Heinz-Erhardt-Zeitalter. Und da trat auf einmal Jürgen von der Lippe an und sagte schon bei Biolek, er wolle mal austesten, wie weit man gehen kann (der ahnte doch noch gar nix von Krömer & Co.). Nun, die Grenzen weiteten sich Jahr um Jahr, immer wieder mit Lichtblicken wie Olaf Schubert (es kommt also doch was Gutes von drüben!), dem scheinbar lahmarschige Rüdiger Hoffmann und dem astreinen Moderator Dieter Nuhr! Daher schaue ich auch immer den Satire-Gipfel, weil da neue Asse neben vereinzelt gruseligen Blindgängern aus dem unsäglichen Pool der Möchtegerne auftreten. Quatsch Comedy Club bemäntelt sich wenigstens nicht. Alles, wie gesagt, persönliche Einschätzungen.

   Wo ich gerade dabei bin, zumal Sie mir doch bis hierher gefolgt sind: Es gibt das musikalische Unikum Hans Liberg aus den Niederlanden, den abgründigen Rainald Grebe, den mir hingegen zumeist unzugänglichen Helge „Katzeklo“. Bei den Schauspielern weide ich mich am ewigen Stromberger Herbst und dem wahrhaft witzigen Bastian Pastewka. Ein Universalkönner ist für mich Hape Kerkeling. Erwähnen muß ich noch die Moderatoren  „Dirty Harry“ Schmidt und den beinharten Stefan „Pro 7“ Raab. Aber wo wären sie ohne ihre Gag-Schreiber? Ein uneingeschränktes Hoch hingegen auf Switched Reloaded!

   Und vergessen wir mal nicht die unfreiwilligen Könner: Vielen voran Bobbele Boris und Frauenheld Loddar. Über die könnte ich mich ausschütten, Menschen ohne jede Peinlichkeitsgrenze – herrlich. Sie wollen es, sie suchen es, sie bekommen es. Aufmerksamkeit, die früher im Sportleben mal völlig zu Recht bestanden hat.

   Es ist letzten Endes egal, wer oder was einen zum Lachen bringt. Nur wichtig ist meines Erachtens, nicht eigens dafür den Keller aufzusuchen. Und ab und an auch mal sowas wie eine Schamgrenze einzuhalten, das wäre auch nicht schlecht. Aber, das ist ja Geschmackssache. Ich möchte auf keinen Fall zu den verlogen Anspruchsvollen gehören. Ich steh auf  unverhohlenes Lachen. Und für uns alle, egal welchen Alters und welcher Bildung – gibt es letztlich die unsterbliche Allzweckwaffe: Herr von Bülow – Loriot. Der Größte aller Zeiten.

Sonntag, 6. Oktober 2013

Wetten, daß?


Keine Lanze für Lanz

(ein etwas „vorschneller“ Abgesang auf meine liebste TV-Sendung)

 Ich schlage jetzt mal nicht nach – die Geschichte von WETTEN DASS ist wirklich lang, rund 30 Jahre. Der Sendebeginn lag in einer Zeit, als die Samstagabendshow noch einen großen Stellenwert hatte, von frühesten Fernseherinnerungen war der Samstagabend für mich Familien-TV. Ich saß zwischen Vater und Mutter, vor uns Frankenfeld, Kuli, Carrell, Fuchsberger. Lange ist es her. Als Frank Elstner begann, da gab es, glaube ich, schon mehrere Sender, ist auch egal – es funzte. Und bei mir total. Ich habe mich immer wieder selber gewundert, von was man sich begeistern lassen konnte, was für unglaubliche Leistungen von Otto Normalverbraucher vollbracht wurden, ungeheuerlich, was schier unmöglich erschien und doch von Menschen zelebriert wurde, die monatelang trainiert hatten – für diesen Moment. Und die Gäste haben mich immer wieder in Bann gezogen; mitunter demontierten sich Stars, zeigten sich von mir bewunderte Spitzenkönner als „private“ Fieslinge; andererseits zeigten sich Leute, die ich nicht mochte, mitunter derart menschlich angenehm, daß ich von einem wohlbewahrten Vorurteil Abschied nehmen mußte.
   Die Sendung ging eine Weile an einen ossialen Springinsfeld, bis sie dann unser blonder Lockenschopf ins neue Zeitalter des Entertainments führte. Ich konnte mich schon Tage zuvor auf die Show freuen, wußte beizeiten, wer wohl Gast sein würde und ließ mich immer wieder von Bagger-Wetten, kaum nachvollziehbaren Hirnleistungen und ungeahnten Geschicklichkeiten mitreißen. Herrlich. Das war mal so. Das ist Geschichte.
   Denn dann tauchte Lanz auf, und als sei das nicht genug, noch diese unfaßbare Pomeranze in Rosa – unsäglich (Humor ist bei Frauen eh ein Schwachpunkt, Ausnahmen bestätigen die Regel, wie Anke Engelke oder Martina Hill – nein, es ist doch mehr ein Männerjob, sage ich jetzt mal so; ist ja alles eine Frage des Geschmacks).
    
   Lanz. Er ist bemüht und verbissen, schon klar (wenn sich einer mit Joey Kelly durchs ewige Eis plagt, der hat Kampfgeist, ist achtungswürdig, hat meinen vollsten Respekt). Aber Wollen und Können – das ist zweierlei, und Talent – das ist Gabe. Und die hat er nicht. Kurze TALK-Sendungen, interessiert tun und so, das liegt ihm, dem Traum von einem Schwiegersohn. Aber den Samstagabend retten, das wird nicht zu seiner Mission – das kann er nicht leisten. Ohnehin gilt die ganz große Samstagabend-Sendung schon länger als tot – er begräbt sie mit eisernem Durchhaltewillen.

   Ich habe mein ganzes Leben lang diesen Sendeplatz geliebt. Dieser Lanz vergällt ihn mir. Nur ein einziges Mal hatte ich WETTEN DASS verpaßt (ausgerechnet, als Catherine Zeta-Jones mit Gatte Michael Douglas auf der Couch saßen – ich kam an eine Wiederholung nicht dran) – nie sonst habe ich das Gottschalk-Spektakel mit der reizenden blonden Gehilfin, die ihn wirklich ergänzte, verpaßt. Nun zeichne ich auf und schaue es notgedrungen, weil oft jemand da ist, den ich sehen mag – Lanz ist es nicht.

   Die Sendung verkommt zur Tortur. Lanz hat mir meine Liebe zerstört. Das verzeihe ich ihm nie und nimmer!

Aktueller Nachtrag

Die Sendung von gestern Abend habe ich nachgeholt – sicherlich nicht der große Wurf, aber es besteht Hoffnung. Ich fühlte mich recht gut unterhalten. Mehr soll es auch gar nicht sein.