Frauenbuchladen
Eigentlich
bringt es nichts, mit Heiner einen Ausflug zu unternehmen, er führt
immer was im Schilde, das weiß ich – aber was ich nicht weiß –
nun ja, das interessiert mich zuweilen doch.
Wir
waren also mal wieder in der Großstadt, hatten gut gegessen und mir
schwante schon Übles, weil er so gar nicht fragte, „Und wo jetzt
nun hin?“ – er ging einfach vor mit „Wirst schon sehen“, als
ich seine Frage nach dem Wohin übernommen hatte. In diesem Viertel
mit schummerigen Gässchen war zumindest ich noch nie. Mit seinem
schrägen Lächeln wies er auf ein Lädchen in einiger Entfernung.
Das Schild verriet mir Anstrengung, ich sah es schon von weitem:
FRAUENBUCHLADEN.
Ehe
ich meine Nachfrage stellen konnte, erkannte er meine Ahnung und
schob sofort ein: „Ich brauche für Janina ein sogenanntes
Frauenbuch – also, was liegt näher…?“ Ich wollte zur
Richtigstellung anheben, worum es in diesen Läden gehe, nämlich vor
Typen wie ihm (ich bin ja nur der Mitläufer) zu schützen. Zu spät.
Dann grinste er noch so verschwörerisch und schob nach „Wo wir
doch schon mal hier sind – oder?“
Auch
meine verzögerten Schritte brachten nichts, wir waren schon in der
Tür. Aus dem Augenwinkel überlas ich einen Hinweis, daß MÄNNER
gebeten werden…und weiter kam ich nicht, Heiner hatte mich längst
vollständig hinein bugsiert.
Verschreckte,
ich bin so kühn von angewiderte
zu sprechen, Blicke
glitten an uns herab. Warum die eine mit der Nickelbrille auf
Hüfthöhe verharrte, weiß der Himmel, jedenfalls kam armwedelnd aus
dem Regalbereich von hinten eine Buchhändlerin mit Namensschildchen
hervor geprescht. „Das geht aber nicht, ich muß Sie höflich aber
entschieden bitten…“ und Heiner wiegelte ab: „Kein Problem, wir
suchen nur ein Frauenbuch, deshalb hier das Fachgeschäft – haben
Sie von Eva Herman …“. Die mit einem Dutt bestückte Ambrosia
von Dinkelns, wie
ihr Schild verhieß, stand händeringend vor uns – und wirkte nicht
mehr energisch, eher leicht verzweifelt.
„So
geht das nicht, Sie können nicht einfach so dreist…“ Sie würgte
noch an dem Namen Eva Herman …
„Dreist!?
Was erlauben Sie sich, gnädige Frau, da kommt man schon ins
Fachgeschäft, fragt nach einschlägiger Literatur, und jetzt wollen
Sie uns, sichere Kundschaft, hinausschicken – wie Hunde aus einem
Fleischerladen?“ Heiner kam nun mit der aufgekratzten Empörung,
das ist sein Ding (also das andere).
„Nein,
nicht mal als Ausnahme – so geht das nun wirklich nicht!“ Sie
wirkte ungehalten, unsere Ambrosia – das mag Heiner. Mir war es
schon jetzt zu peinlich, einerseits. Andererseits, es ist doch schön
anzusehen, dieses Verzagen; dieses irritierte Bemühen, von
unliebsamer und aufdringlicher Anti-Zielgruppe das Lädchen zu
säubern.
„Haben
Sie denn wenigstens im Antiquar was von Esther Vilar?“ Heiner ist
nun erregt, also anders, jedenfalls verbittet er sich die zaghaften,
für ihn scheinbar zudringlichen Handgreiflichkeiten. „Nicht
anfassen, ich muß schon bitten, keinesfalls dürfen Sie mich
anfassen!“ Das Brillenfrauchen und eine andere, unterdessen empört
aus einem Regalzwischenraum blickende reifere Dame, erdolchen uns mit
Blicken des Entsetzens.
„Ich
verlange sofort den Gleichstellungsbeauftragten zu sprechen! Erst die
Juden, nun wir, ja ist es denn schon wieder so weit?“ Heiner
kreischt seine Wut in ungekannter Höhenlage. Ich brauche nichts zu
tun, zu sagen - nur miterleben. Heiner LIVE. Hysterie vom Feinsten.
„Und
überhaupt, wo ist eigentlich Ihr Kopftuch? So geht das aber auch
nicht!“
Wir
sind schon durch mein Zutun an der Schwelle angelangt; und ehe nun
eine der Verbündeten die Polizei ruft, beenden wir auf meinen Wunsch
den Auftritt. Begütigend versuche ich den vermeintlich
überschäumenden Heiner in meinen Armen zu besänftigen.
Hinter
uns wird die Tür verschlossen – auch das noch. Man hört sogar
einen zusätzlichen Riegel. Na toll. Der ganz große Auftritt also.
Geschafft – vorbei.
„Du
gibst viel zu früh auf“ erzürnt sich Heiner, auf einmal wieder
Herr seiner Sinne, weiter bei mir, bevor er in ein seliges Grinsen
verfällt, „haste die Maus mit der Brille gesehen – die kramte
schon in ihrem Juteumhang nach ihrem Frauen-Not-Telefon!“
„Genau“,
sagte ich, „und deshalb wurde es auch Zeit zu gehen. Wenn es am
schönsten ist, soll man –MAN!- ja gehen, Heiner.“
„Ach
nein, da war noch mehr drin – ich wollte noch nach DVDs fragen,
sind heute doch in jeder Buchhandlung auch erhältlich, ob sie
Russ-Meyer-Filme haben, diese ollen Klassiker mit den Atom-Titten,
alles noch echt, kein Silikon, der hatte ein Händchen für echte
Frauen!“
Ich
bin mir sicher, wir waren gerade noch rechtzeitig entkommen.
hmmm...ich versuche mir das gerade vorzustellen. Also Frauenhäuser, dass kann ich ja verstehen, auch wenn ich die Situation nicht kenne, aber einen Buchladen in den nur Frauen rein dürfen. Frage mich ob sowas wirklich sein muss, denn wie wollen diese Frauen denn in der realen Welt überhaupt bestehen. Es gibt nun mal beide Geschlechter, und selbst bei schlimmen Erfahrungen sollten die Frauen nicht vergessen dass nicht alle Männer gewaltätig sind.
AntwortenLöschenFinde ich die Provokation von Heiner gut...ein wenig grinsen musste ich am Anfang, aber Gott sei Dank warst du dabei und hast rechtzeitig die Leine gezogen. Gerade das mit den Filmen wäre doch eindeutig zu weit gegangen (auch wenn ich tolerant bin).
Herzliche Grüsse
N☼va
Liebe Nova - nie gehört? - kannst Du bitte mal googeln! Sie sterben aber aus durch Internet - zuvor ließen einige doch tatsächlich auch Männer hinein! Übrigens: als Frauenbelästiger würde ich auch gerade in eine Buchhandlung gehen! Ist schon seltsam und auch ein wenig gestört - meine Meinung.
AntwortenLöschenHier heute wieder sonnig - das tut gut! Lieben Gruß, WW-Wolfgang
Neee, habe ich wirklich nicht und werde ich gleich mal machen. Kann ich dir nur zustimmen^^
Löschen