Auf
– ins neue Jahr!
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Lage des Autor-Seins)
Sie
sprachen neulich, kurz vor Silvester, über Drehbücher, wie man ein
paar verschwurbelte Charaktere nimmt, die Richtung des
Stimmungsbildes vorgibt – und sie sich dann beharken läßt – ein
ganz simples Spielchen. Macht richtig Laune, Herr des Geschehens zu
sein. Kein Thema unter Autoren, zielgerichtet aber angerissen im
Kreise von Freunden, Bekannten oder was so ähnlich tickt aus dem
Umfeld: eine menschliche Wundertüte, Füllhorn aus Erfahrungen und
Zeitspiegel - wie das sich halt so ergibt. Seine Frau machte das
schon, wie immer, sie rief zusammen, und er verstand dies zu nutzen.
Sein Ding war das banale Umfeld noch nie, aber er verstand, es
weidlich auszukosten; wenn schon, denn schon. Für irgendwas mußten
die Leute doch taugen.
Es
beginnt mit unbedarfter Zuversicht der neuen Statisten, mit dabei
aber auch die auf der Hut Ernüchterten, buntes Gewusel der
Jetztzeit. Erfahrene Kränkung, erwachte Neugierde: Letztlich, wie
überall, die Betroffenheit außer Acht lassend, zählte nur die
Hauptsache: der Genuß von Speis‘ und Trank für lau.
Es
fiel der Spruch, Menschen
sind Jäger und Sammler.
Der Autor korrigierte ungefragt: „Männer sind Jäger und Sammler,
nur die Männer!“ Eine gerade erst hinzugestoßene Doppelnamige,
die eh schon die Möglichkeit suchte, bei ihm einzugrätschen, mit
kessem Schmollmund nun endlich eine von ihr rhetorisch gemeinte Frage
schnippisch grinsend in die Runde werfend: „Und was ist da bitte
mit den Frauen?“, an Fingerspitzen das Glas jonglierend, verharrend
im angedeuteten Schluck, die andere Hand zum Klapphändchen läppisch
elegant schlaff aus dem hohen Arm herabhängend. Nobelste
Markenkleidung, wie einem Laufsteg entsprungen.
Auf
die hatte der Autor gerade noch gewartet. Die Zurückhaltung war
alkoholbedingt längst aufgegeben. „Nur die Männer, das sollte
wohl hinreichend bekannt sein – sowas weiß man doch! Frauen sind,
ja, auch Menschen, natürlich, aber doch für die Brut zuständig
…und die Höhle sauberhalten, fertig.“ Das saß doch recht
ordentlich, zumal es auch noch stimmt. „Die Katholische Kirche, die
ach so Heilige, die hat das schon immer gewußt und sich niemals
davon distanziert!“ setzte er noch, so richtig in Laune, einen
drauf, vielleicht eine Spur zu laut.
Sie
verschluckte sich an Ungetrunkenem. „Wie bitte?“ Sie hockte nicht
mehr auf der Kante der Sofalehne, nun suchte sie festen Halt,
scharrte quasi mit den Hufen, strich ihr Kostümchen mit der auf
einmal unschlaffen Hand unnötig glatt, nahm Stellung auf. „Nur
weil Sie selbst wohl kein Jäger sind – und es ist hinreichend
bekannt, wie Sie Ihr Anwesen, Pardon: die Höhle, vollsammeln, machen
Sie sich somit in unserem Territorium breit, wo wir doch Kinder
säugen und herumfeudeln sollen?“ Sie machte sich sogleich zum
Sprachrohr der verstummt entsetzten Frauen. Die selbsternannte
Sprecherin erhöhte die Stimmlage bedrohlich.
Er
dankte Gott, von ihm aus jovial auch Göttin, inständig in Gedanken
auf Knien – hier, in seinem heimischen Umfeld, bestand kein Zwang
zur Duzerei, kein Ikea- und Sozen-Umfeld – was für ein Segen!
Seine Frau hatte eingeladen, nicht er. Er mußte nicht bis zum
Letzten dabeibleiben. Die Stimmung kochte bedrohlich leise hoch,
überall erstarb Gemurmel, Köpfe schwenkten sich Hähnin
und Hahn zu (so
hatte er doch eines seiner früheren Bücher benannt; und es
jahrelang bereut, die konservative Reihenfolge in der Benennung der
Kontrahenten umgekehrt zu haben): Heute würde er es entschlossen
Hahn & Hähnin nennen – aber nun war es zu spät.
„Richtig
– ich bin Sammler, kein Jäger. Von Sammlerin oder gar Jägerin war
noch nie die Rede. Aber Sie, als Frau – sind, Pardon, halt nur
Frau, nicht Herrin. Keine Wertung, nicht falsch verstehen: nur die
nüchterne Tatsache aus der Evolution.“ Ein schon leicht lallender
Unterton. Es wurde anstrengend, verbissenes Beharren auf beiden
Seiten. Es reichte. Einlenkender Smalltalk wurde von versöhnlichen
Geistern hinzugefügt, verkrampfte Entzerrung der verfahrenen
Situation. Man hörte über das Wetter mutmaßen. Beide wurden
diplomatisch von Mutigen getrennt, Bemühen um Frieden im Hause. Dies
durfte schließlich noch nicht das Finale sein!
Der
diplomatische Abgang erfolgte schon bald in rascher Abfolge, denn sie
hatten sich nichts mehr zu sagen, ziemlich gleichschnell machten sie
sich ohne große Mühen aus dem Staub: Sie durch die Tür und raus
aus diesem Haus, er nach oben in sein Sammlerparadies.
Seine
Frau kam eine ganze Weile später nach und seufzte, um Gelassenheit
bemüht, ohne Umschweife: „Das war ja mal wieder ein Volltreffer.
Dazu kann ich nur gratulieren.“
Amüsiert
frickelte er weiter in seiner Sammlung zur Beruhigung herum,
zufrieden darauf verweisend, daß er diese Schnepfe auch nicht
eingeladen habe, zudem war schließlich Ziel und Zweck des Empfangs,
der Produzent der Filmgesellschaft, ohnehin nicht gekommen.
Vergeudete Zeit also. So seine Meinung.
„Nicht
ganz, mein Lieber. Gewiß ging Dir diese, zugegeben: Zicke, vom
ersten Moment ihres Auftauchens an auf den Keks, war mir sofort klar,
diese Verbesserei, warum es immer noch Herr der Lage heiße, wieso
Gott männlich sein soll, ach, diese ganze nervige Hochzieherei, aber
ich kam ja nicht an Dich ran, um Einhalt zu gebieten, immerzu mußtest
Du ja Dein Publikum pieksen, beäugen, unterhalten, testen und auf
Verwertbarkeit wägen - und dann hast Du Dich auch noch reizen
lassen.“
„Die
hatte es verdient. Wenn ich nur dran denke, wie die auf einmal
hinzukam – woher eigentlich? Scheißegal, bis dahin war es noch
recht amüsant, aber dann, diese austickende Pißnelke…“
„Das
war die Produzentin, Du Sammler!“
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Ach
was, auf ins neue Jahr – was sollte sich jetzt noch ändern? Die
Welt, ein Reigen aus Fakten und Fake-News – „so what“: Recht zu
haben bringt nicht immer Segen, vor allem wenn es rücksichtslos
herumposaunt wird – eher eröffnet Greta Thunberg ein Nagelstudio,
aber die Menschen ändern sich doch nicht – NO WAY! Durch
Sachbücher weiß ich nun, daß ich zu den alten weißen Männern
gehöre (ohne im Trump-Lager zu landen). Schöne neue Welt der
anonymen Shitstorms: vermeintlich aufgeklärte Weltoffenheit macht
sich selbstzufrieden breit – es ist schaurig.
Willkommen
im neuen Jahr!
Ich
danke schon jetzt jedem, der mir glaubhaft das Gegenteil meiner
schwarzhumorigen Einstellung vorlebt.