Montag, 1. Dezember 2014

Auf den Hund gekommen

Ansichten unter Kerlen

(Typisch Männer, sagen die Frauen)

Es ist schon sensationell, wenn ein Tier mit einem redet. Die Sensation ist aber begrenzt, wenn es nur mit EINEM redet – und dann bist Du es – ganz allein. Es ist völlig klar, daß es in diesem kleinen Kreis bleiben muß, denn platzt Du damit vor anderen heraus, kann es nur schiefgehen.
   STROMER war mir zugelaufen, wir verstanden uns sofort, und daß ich ihn nicht umgehend kastrieren ließ, rechnete er mir hoch an. Kumpanei entstand, und als er auf einmal mit mir redete, also NUR mit mir, war das schon ein Ereignis der besonderen Art. Wir sprachen über die Dinge des Lebens, aber nicht nur – manchmal war ihm so nach Männergespräch, kurzum, er liebte den Herrenwitz. Das hätte ich nicht erwartet. Wenn er für alle vernehmbar vor sich hin jaulte, quengelte, seine Töne machte, bei mir kam seine Sprache an. Und es spielte sich ein. Gingen wir die Geschäftsstraße entlang, dann kamen seine flapsigen Sprüche ‚Boah, die Alte hat ja einen Arsch wie ein Brauereigaul‘ – und ich antwortete ihm unverfänglich, „Ja, wir gehen gleich in den Park, Stromer.“ ‚Hast du das Figürchen gesehen – eine echte Sahneschnitte‘. „Ja Stromer, du bekommst gleich dein Leckerli.“ Verbalerotik, ich wurde von Stromer deftig unterhalten.
   Saßen wir auf einer Parkbank und setzte sich eine junge Frau mit Minirock neben mich, dann vollführte er seine dem Thai-Chi ähnelnden Übungen, um sich in eine bessere Perspektive zu manövrieren, und bald informierte er mich ungefragt ‚sie trägt ein rosa Höschen‘. „Ach Stromer, schmerzt wieder dein Rücken“, beantwortete ich sein Jaulen, und oft entstand dadurch auch ein kleines Gespräch mit der Sitznachbarin, mitfühlend, was denn mit dem armen Hundi sei. Unsere Dauer-Nummer, was für ein Hund er sei, brachte uns immer zu EIN ECHTER STRAGAMI (ach wirklich? So sehen die aus? - und wir lachten später beide über die Worterklärung: Straßen-Gassen-Mischung). Stromer war stolz darauf. War er bei Laune und erkannte, daß die junge Lady ein offenherziges Top trug, machte er die Winsel-Darbietung; undenkbar, daß sich die flotte Lady nicht tief zu ihm bückte, worauf ich ihm auf seine drängenden Fragen hin, wie es ausschaue, ob die Glocken schön läuten, verschwörerisch antwortete, daß wir gleich wieder rauf in die Hügel fahren. Stromer liebte diese Anzüglichkeiten. „Wir müssen noch an Milch denken, Stromer.“ Er begeierte sich dann, weil er wußte, diese paradiesischen Äpfelchen kamen bei mir gut an.
   Neulich im Aufzug wurde es doch brisant. Eine hochmütige Fashion-Mietze taxierte uns verächtlich – Stromer ging es gleich auf den Zeiger wie mir auch. In ihrem Mini, eher ein breiter Ledergürtel, lümmelte sie sich in die äußerste Ecke der Kabine und Stromer wußte, was zu tun war. Er rollte sich in gute Position und jaulte seine Offenbarung postwendend zu mir: ‚Boah Alter ey, kein Slip – eine rasierte Muschi, echt heiß, das Pfläumchen!“ Ich geriet in Not, wußte ja, daß er nur für mich verständlich war, sagte auf ihr gezicktes Quieken hin „Laß gut sein Stromer, wir sind ja gleich wieder im Park“ – als die affektierte Tussi mich wegen des Hundes zu beschimpfen begann. „Halten Sie diese Töle von mir fern, ist ja eine Zumutung, dieser Ungeziefer-Bus, weg da, ksch!!!“ Und Stromer meinte, sie habe einen Denkzettel verdient, beschrieb mir das Intim-Piercing und als wir ausstiegen sagte ich, bevor wir uns abwandten, an meinen ergebenen Hund gewandt: “Ohne Höschen, soso, und dann das Ringelein mit dem roten Steinchen, na gewagt, sag ich nur.“ Ihr ging schreckensstarr der Mund auf, ein schrilles Geschrei entfuhr ihr, ob wir mit Spiegel arbeiten oder was, eine Geschmacklosigkeit sei das, was für ein Sittenstrolch ich sei und derlei mehr. Wir hatten uns schon lachend umgedreht, dennoch rief ich ihr zu „Kein Spiegel, schauen Sie den Hund doch an, nix da – aber ich bin Hellseher, Abrakadabra!“ Und dann entfernten wir Schlingel uns rasch.
   Als Kalinka in der Nachbarschaft einzog, war es uns beiden klar: der Zeitpunkt der unabwendbaren Notwendigkeit war gekommen – die Familienjuwelen mußten ab … also seine. Ich hatte mich ja in meinem Alter schon eine gehörige Weile im Griff, notgedrungen. Und Stromers Gejaule war auf einmal auch für meine Ohren nichts mehr als Gejaule.

   Was aus uns beiden geworden ist – wir sind ein brüderliches Team, nach wie vor, nonverbal sozusagen, Blicke reichen. Reicht irgendwie, muß es doch auch geben.

2 Kommentare:

  1. Also...auch wenn ich vor meinem Auge so einige entsetzte "Damen" sehen kann, sozusagen ein "Tztztz" wie kann man sowas nur schreiben bzw. nicht ohne Warnung einstellen:

    Tja, ich bin keine Dame, denn ich habe herzhaft lachen müssen!!! Einfach nur klasse geschrieben und sowas von aus dem Leben gegriffen.

    Da erinnere ich mich an zwei Situationen:

    Ich→Kind→meine Mum modisch damals mit Minirock, tja und ein Schäferhund kam auf sie zu, was macht Hundi natürlich→schnüffeln :-)))))

    oder

    Gehe mit meinem Dad durch den Ort→Frau mit Top im Garten, natürlich bei so heissem Wetter keinen BH an. Tja, und was machen die Glocken? Sich die Freiheit der Frischluft holen *rofl* Was haben wir gelacht, und die Frau ganz cool: aufgestellt und plopp plopp wieder eingepackt.

    Ich danke dir jedenfalls für die schöne Story, da werde ich bestimmt noch öfters dran denken.

    Liebe Grüssle und ich winke dann mal ganz dolle

    Saludos

    N☼va

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  2. Im engsten Kreis habe ich Minuspunkte gemacht (so ist das Leben).
    Ich bringe an dieser Stelle eines meiner Lieblingszitate: MÄNNER SIND AUCH MENSCHEN (Herbert Grönemeyer).
    Und dann eine meiner Lieblingskarikaturen: Da sagt die Schweine-Mami zum Schweine-Töchterchen: "Männer sind Schweine!" Und die Kleine sagt zur Mutter: "Na und?"
    Danke für Deinen ermutigenden Kommentar - vergelt's Gott, LADY Nova

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Danke! ;)