Laßt
uns froh, gar glücklich sein
(
aber bitte nicht bloß „Spaß haben“)
4
(vier) Uhr durch, Käffchen, hilft gegen verspanntes Genick (Kopfweh). Geckolino
flitzt über den Küchentresen in volle Deckung. Greenboy hockt noch schlafend
auf der Stange – mit den Hühnern hat es auch noch Zeit, First Lady und Hundis
drehen sich noch mal um. Weltfrieden scheint also möglich, jedenfalls im Kern.
Ende
der Zweisamkeit, wieder mal. Fünf Wochen fliegen schnell durchs Land, alles
zurück auf Anfang. Pläne sind geschrieben. Das habe ich schon immer so gemacht –
das brauche ich. Das Gerüst fürs Leben, mein Leben daheim. Es gibt kleine
Tabellen für das laufende Jahr, große Aufstellungen, was bald zu machen ist („To-Do“-Listen,
von mir aus), Tagesplanungen für jede Art von Erledigungsziel und auch Einkaufszettel.
Verstehen nicht alle, das muß auch nicht so sein, ein Jeder weiß am besten
selbst, was für ihn gut ist. Das hat nix mit „Beamter“ zu tun – das ist ein
Haltegerüst – für mich ist nichts vorzuhaben gleich Stillstand – und der kann
tödlich sein. Also: Planen. Und kommt es anders als gedacht oder was dazwischen
oder geht so nicht – umplanen, ganz einfach. Neue Situation, neue Entscheidung
(„neue Lage, neuer Entschluß“). Aber niemals ohne vorausschauende Gedanken, was
wann und wie laufen sollte – was wirklich wird, das zeigt sich dann. Es gibt
wohl auch schlimmere Macken. Nun also in Kürze ein neuer monatelanger
Alleingang, ich bin mental bereit.
Ich war schon mal total am Boden, damals:
konnte nicht mehr schlafen, nichts essen, der ganze Körper in Unruhe. Reaktive
Depression. nichts ging mehr. Und dahin will ich nie und nimmer zurück! Es geht
immer weiter – und das will ich für meine Person mitbestimmen. Auch an sich
selber denken muß nicht nur Egoismus sein, es ist natürliche Lebenserhaltung.
Eigentlich eine Pflicht. Und das mußte ich seiner Zeit erst lernen.
Es gibt keine Sicherheit im Leben, keine
Garantie auf Erfüllung. Also ist das eigene Zutun gefragt – nichts läuft von
allein geradeaus ins Wohlergehen. Glück ist ein schicksalhafter oder zufälliger
Moment, aber eine frohe Einstellung kann man lernen. „Positives Denken“,
meinetwegen, es könnte schlimmer sein, soweit alles klar. Für - also gegen - das
„arme Tier“ reicht das auch. Alternativlos soll es nur in der Politik zugehen,
hört man allenthalben. Es gibt immer einen Weg, sogar mehrere, man hat die Wahl
…nur nicht dahinvegetieren. Will ja auch kein normaler Mensch freiwillig (Wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt
irgendwo ein Lichtlein her – putzig, fürwahr).
Hinfallen ist keine Schande – aber
liegenbleiben! Ja-ja. Ohren
steif halten, Kopf hoch, zusammenreißen – und dann das Phoenix/Asche Ding
als vorausschauende Weisheit. Schon klar. Leichter gesagt als getan – Bla-Bla
kann jeder. Ist ja gut gemeint, weiß ich doch. “Schau nicht so böse!“ Ach
richtig, ich habe vergessen, das Honigkuchenpferdchen zu satteln, schnell
grinsen, nein, besser: Lächeln – so isser gut, brav. Für ein lebendes Smiley
Modell stehen, prima – Daumen hoch. Ernst dreinschauen nötigt dem Umfeld ein
„Was’n los?“ ab. Braucht kein Schwein. Und wenn nicht nachgehakt wird, sondern
der Bogen um einen gemacht wird – nein, nicht gut, das ist schließlich noch
viel schlimmer.
Allein zurechtkommen ist ein Segen. Bitter,
wer diese Kurve nicht kriegt. Mit 11 oder 12 hatte ich meinen ersten in
Erinnerung gebliebenen glücklichen Moment – Ostersamstag, Balkontür auf,
Vogelgezwitscher, milde Frühlingsluft – und vor mir für 25 Pfennige ein
Ausschneidebogen – ein Lagerschuppen – Schere und Klebstoff, wundervoll.
Ein oder auch zwei Jahre später sah ich ein
Mädchen, strahlend mit wehenden dunklen langen Haaren auf dem Kettenkarussell
(weiße Bluse, blauer Rock, weiße Strümpfchen in schwarzen Schuhen). Unerreichbar,
ein süßer Schmerz.
Oder Jahre zuvor die Glückseligkeit Fahrrad
fahren zu lernen. Himmlisch.
Nach der schlimmsten Lebenskrise, viel viel
später dann, das Schmuckbüchlein „Glückliche Momente“ parallel zum
umfangreichen Tagebuch angelegt – noch heute trage ich mit Füller besonders
schöne Empfindungen ein (in den Neunzigern ganz viel notiert zu allen
Jahreszeiten über SaBine & ihre Tiere, Szenen aus besonders wertvollen
Tagen). Ich war angekommen in meinem neuen Leben.
Seit Jahr und Tag meine Lebenshilfsmittel:
Bücher, Platten und Filme. Glücksspender allesamt. Ganz bitter, wenn nichts
mehr geht. Das darf nie mehr sein.
Vor diesem neuen Leben mit SaBine lernte ich
in einer Klinik: Wenn der „graue Schleier“ über meine Gedanken fällt, gleich
drei Dinge spontan benennen, auf die ich mich den heutigen Tag noch freue. Wenn
ich nicht in einer Depression stecke, dann sind zwei sofort klar: Essen &
Glotze. Und einen habe ich dann noch gut. (Ja, SIE lacht und weiß).
Was mir grundlegend geholfen hat, ist die
Formel aller Selbsthilfegruppen; sie zu beteuern ist das eine, sie zu beherzigen,
voll und ganz verinnerlichen wie eine Gehirnwäsche im guten Sinne, das andere –
und das bedeutet nicht Empathielosigkeit, wenn man ganz nüchtern betrachtet,
welche Aufgabe vor einem steht und wie sie bewältigt werden muß:
Gott
gebe mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
die
Kraft, Dinge zu ändern, die ich ändern kann
und
die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
„Ich
habe fertig“ – noch eine Mütze Schlaf als Nachschlag – das kann ich mir seit
ein paar Jahren erlauben. Und wenn ich nachher offiziell aufstehe, die Kaffee-
und Fütterungsrunde eröffne, weiß ich schon jetzt, daß es mir nächste Woche
wieder fehlen wird. Aber ich komme ja wieder – wie alles letztlich irgendwie
zurückkommt. Bis einmal alles vorbei sein wird – aber bis dahin sind noch viele
Pläne und Listen abzuarbeiten.
Ja, es ist leichter gesagt als getan....und ich danke dir für deinen Post mit dem ich dich wieder ein bisschen besser kennenlernen konnte. Einfach nur schade das es Bine nicht nach Teneriffa gezogen hat, ich glaube wir hätten viele gute Gespräche.
AntwortenLöschenHabt noch einen wundervollen, gemeinsamen Sonntag und ganz herzliche Grüssle zu euch rüber
N☼va