Mützenzwang
Auf einmal fiel mir
Angela Winkler ein, in dem Film Die
Verweigerung (deutsche Studentin in
Paris unter vermögenden Müßiggängern – die jungen Damen müssen für benötigtes
Geld alles für die Unterhaltung der Snobs tun; das Neueste: Ein Reitparcours
mit Hindernissen für die weiblichen Fohlen; die Mädchen brauchen das Geld, sie
hüpfen ergeben, nur die Deutsche nicht – sie verweigert, geht heim nach D).
Und heute? Gerade ist wieder Dschungelcamp,
nur eines der vielen Beispiele, wie sich die Zeit geändert, weiterentwickelt
hat: Für Geld tun gefühlte E- und F-„Promis“ unzweifelhaft alles. Der Sohn von,
die Mutter von, der Bruder von …. und der wahre „Star“ aus der Familie ist
gefühlte C-Klasse, allenfalls. Unsäglich: für Momente des zweifelhaften Ruhms alles
außer Fäkalien fressen (und auch das scheint mir nur eine Frage der Zeit). Befremdlich:
Auffallen durch außergewöhnliche Dummheit zum Ergötzen des Publikums. Im
rechten Moment eine plakative Jammerstory offenbaren – eine erschütternde
Lebensbeichte vertraulich zu einer Kurzfreundschaft geäußert, für Millionen
mitzuerleben. Unbestritten: Jedes Menschenleben ist sinnvoll, jede Seele
einmalig wichtig. Aber solch versammelte Banalität zelebrieren lassen – eine
Leistung, das zu vermarkten.
Curt Jürgens sagte schon zur Journaille:
Egal, was Sie schreiben – aber schreiben Sie über mich!
Auffallen, für Minuten im Gespräch sein.
Tattoos, Piercings für Jedermann, jede Mitläuferin, allüberall Wellenreiter, immer
dabei sein. Um Himmels Willen nur keinen Trend verpassen! Und nun: Mützen
(Pardon: Beanie).
Seit einiger Zeit tragen sie alle, die
danach lechzen, jemand zu sein, Mützen, egal wie warm es ist und wie dünn das
Haar: Mütze auf! Früher war es das überall gültige Erkennungsmerkmal für den
Ortsdepp. So konnte auch ein Ortsfremder sogleich, wenn die arme Kreatur nicht
durch Sabbern und spastische Verrenkungen auffiel, den versteckt vorhandenen
Defekt untrüglich erahnen – vorsichtig sein, einen Verrückten umgehen. Einfach
ignorieren, nicht ernst nehmen, jovial auf seinem Weg belassen. Der mit der
Mütze, der Schwachkopf des Bezirks. Und heute? Die Narrenkappe fürs ganze Jahr,
das ist der hippe Typ im Hier & Jetzt, ganz klar.
Ich bin nun schon älter, damit nicht
aufgewachsen, nicht reingeboren. Dennoch zweifele ich: Auch früher mußte man
nicht alles mitmachen. Es war möglich, ohne moderne Fürze ein duftes Leben zu
führen. Es geht, Ihr modischen Dummerle da draußen, es geht wirklich! Glaubt
mir, eines Tages lacht Ihr Euch weg, um nicht im Boden zu versinken, wenn Ihr
alte Bilder anschaut – unser Fremdschämen übernehmt Ihr dann nahtlos als eigene
Peinlichkeit, unauslöschlich.
Erbärmliche Kleingeister buhlen um ein wenig
Aufmerksamkeit, um jeden Preis. Erlesene Exemplare zelebrieren es für die
Schwachmaten von nebenan. Mit Eurer Sprache: Wie peinlich ist das denn …
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Ist wirklich traurig, daß viele menschen sich nur wohlfühlen, wenn sie der masse u. dem trend hinterherlaufen können. Wie kopflos, sich nur "an den reichen u. schönen" zu orientieren, keine eigenen ideen haben, einen eigenen lebensstil zu entwickeln.
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