Sonntag, 20. Januar 2013

Mützenzwang



Mützenzwang

Auf einmal fiel mir Angela Winkler ein, in dem Film Die Verweigerung  (deutsche Studentin in Paris unter vermögenden Müßiggängern – die jungen Damen müssen für benötigtes Geld alles für die Unterhaltung der Snobs tun; das Neueste: Ein Reitparcours mit Hindernissen für die weiblichen Fohlen; die Mädchen brauchen das Geld, sie hüpfen ergeben, nur die Deutsche nicht – sie verweigert, geht heim nach D). 
   Und heute? Gerade ist wieder Dschungelcamp, nur eines der vielen Beispiele, wie sich die Zeit geändert, weiterentwickelt hat: Für Geld tun gefühlte E- und F-„Promis“ unzweifelhaft alles. Der Sohn von, die Mutter von, der Bruder von …. und der wahre „Star“ aus der Familie ist gefühlte C-Klasse, allenfalls. Unsäglich: für Momente des zweifelhaften Ruhms alles außer Fäkalien fressen (und auch das scheint mir nur eine Frage der Zeit). Befremdlich: Auffallen durch außergewöhnliche Dummheit zum Ergötzen des Publikums. Im rechten Moment eine plakative Jammerstory offenbaren – eine erschütternde Lebensbeichte vertraulich zu einer Kurzfreundschaft geäußert, für Millionen mitzuerleben. Unbestritten: Jedes Menschenleben ist sinnvoll, jede Seele einmalig wichtig. Aber solch versammelte Banalität zelebrieren lassen – eine Leistung, das zu vermarkten.

   Curt Jürgens sagte schon zur Journaille: Egal, was Sie schreiben – aber schreiben Sie über mich!
   Auffallen, für Minuten im Gespräch sein. Tattoos, Piercings für Jedermann, jede  Mitläuferin, allüberall Wellenreiter, immer dabei sein. Um Himmels Willen nur keinen Trend verpassen! Und nun: Mützen (Pardon: Beanie).
   Seit einiger Zeit tragen sie alle, die danach lechzen, jemand zu sein, Mützen, egal wie warm es ist und wie dünn das Haar: Mütze auf! Früher war es das überall gültige Erkennungsmerkmal für den Ortsdepp. So konnte auch ein Ortsfremder sogleich, wenn die arme Kreatur nicht durch Sabbern und spastische Verrenkungen auffiel, den versteckt vorhandenen Defekt untrüglich erahnen – vorsichtig sein, einen Verrückten umgehen. Einfach ignorieren, nicht ernst nehmen, jovial auf seinem Weg belassen. Der mit der Mütze, der Schwachkopf des Bezirks. Und heute? Die Narrenkappe fürs ganze Jahr, das ist der hippe Typ im Hier & Jetzt, ganz klar.

   Ich bin nun schon älter, damit nicht aufgewachsen, nicht reingeboren. Dennoch zweifele ich: Auch früher mußte man nicht alles mitmachen. Es war möglich, ohne moderne Fürze ein duftes Leben zu führen. Es geht, Ihr modischen Dummerle da draußen, es geht wirklich! Glaubt mir, eines Tages lacht Ihr Euch weg, um nicht im Boden zu versinken, wenn Ihr alte Bilder anschaut – unser Fremdschämen übernehmt Ihr dann nahtlos als eigene Peinlichkeit, unauslöschlich.

   Erbärmliche Kleingeister buhlen um ein wenig Aufmerksamkeit, um jeden Preis. Erlesene Exemplare zelebrieren es für die Schwachmaten von nebenan. Mit Eurer Sprache: Wie peinlich ist das denn …

*  *  *

                      Nach dieser „Empörung“ noch etwas zum Schmunzeln:

1 Kommentar:

  1. Ist wirklich traurig, daß viele menschen sich nur wohlfühlen, wenn sie der masse u. dem trend hinterherlaufen können. Wie kopflos, sich nur "an den reichen u. schönen" zu orientieren, keine eigenen ideen haben, einen eigenen lebensstil zu entwickeln.

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Danke! ;)