Sternsinger-Kidnapping
Dies ist keine der
ach-so-schönen Geschichten, gewiß nicht, aber sie ist auch wiederum nicht gar
so schlimm, daß man sie nicht weitererzählen könnte. Und es ist nicht, wie es
vielleicht der Titel vermuten lassen könnte, ein neuer „Verbrechenszweig“ oder
der Aufruf, anderer Leut‘ Kinder von ihren selbstgewählten, gutgemeinten
Tätigkeiten abzuhalten - es ist nur ein Problem, welches sich in einer neuen
Umgebung einstellen kann.
Wir haben gebaut, wohnen in einer völlig
neuen Umgebung, spärliche Kontakte mit der uns noch unbekannten Nachbarschaft
auf „Guten Tag“ – „Guten Tag“ und „Neu hier?“ – „Ja“ beziehungsweise „Wir sind
neu hier“ – „Ach was“ beschränkt.
Und damit hat es sich. Nun möchte man aber
mehr aufgenommen sein, und da meine Frau besonders auf gediegenes und
pflichttreues kirchliches Leben wert legt, die Kirche aber in der
Nachbargemeinde steht, kommen die Sternsinger (Sie kennen das sicherlich: an
Heilige-Drei-Könige sammeln Kinder für Kinder in der Dritten Welt) – kommen
also die Sternsinger am Dreikönigstag bei uns vorbei. Dies ist aber wörtlich zu
nehmen, denn sie kamen die beiden vergangenen Jahre in dieser neuen Umgebung
nicht zu uns, sondern sie gingen tatsächlich an unserem schönen neuen Häuschen vorbei.
Nun wußte ich, was uns blühte, da setzte
Wehklagen und Entsetzen ein: „Wir sind geächtet, ausgestoßen!“ und meine
unermüdlichen Beschwichtigungen hielten erfahrungsgemäß bis zum Mai an – und
das, nach zweimaligem Durchleben, sollte mir nicht zu Tradition werden.
Um diesem gemütszerfleischenden Übel
vorzubeugen, kam mir, als ich an diesem 6. Januar auf dem Heimweg von der
Arbeit nach Hause war, mit einem Male ein Gedanke, ausgelöst im Nachbarort durch
den Sichtkontakt zu einer dekorativen Vierergruppe: Voran der ältere Sternträger,
der auch gewöhnlich mit dem Inkassogeschäft betraut ist, den Stern auf einer
langen Stange wie ein Banner voraustragend Achtung,
Zahltag – Geldbörsen bereithalten! (Kinder können mitunter sehr würdevoll
Aufgaben wahrnehmen, mit einem unüberbietbaren Ernst auch die kleinsten
Aktionen regelrecht vollstrecken, daß es einen gruselt) - dahinter dann die
drei Könige, einer davon natürlich in schuhcremeschwarz. Ihrer angesichtig, war
die Idee plötzlich da: Ehe es dieses Jahr daheim wieder schiefgeht, könnte ich
doch eigentlich vorbeugen …
Gedacht und angehalten, schon begannen meine
Verhandlungen, ohne viel Federlesen und mittels eines recht ansehnlichen
Geldscheines kamen wir ganz schnell auf den Punkt der Sache (die Höhe des
Geldbetrages tut aus Scheinheiligkeitsgründen nichts zur Sache), eines nur kurz
angerissen – damit hatten sie vor Pfarrer und Küster einen klaren Trumpf bei
der Abrechnung in der Hand.
Verhandelt und beschlossen: Sie fuhren mit,
den Stern aus dem hinteren Fenster an der ungeheuerlich langen Stange
hinausragend. Es war eine Viertelstunde kalkuliert, ich würde sie auch sofort
nach erfolgter Vertragserfüllung –natürlich hatte ich vorher zu blechen-
zurückbefördern.
Ich hieß sie aussteigen, kam daheim an wie
jeden Arbeitstag, nicht ohne locker das längst angestaute Unruhegefühl bei
meiner Frau gelassen zu überhören „Nein, sie sind auch dieses Jahr nicht
gekommen, die umgehen uns, die meiden uns, die…“ und die Kartoffeln waren auch
schon angebrannt.
Und schon klingelte es. Ein Gesang hob an,
lieblich wie ein Engelschor. Gerührt und vollauf zufriedengestellt teilte meine
Frau die Süßigkeiten aus, die sie längst griffbereit bereitliegen hatte,
vorsorglich und bänglich hoffend – und zum Schluß gab es den ansehnlichen
Geldschein (daran hatte ich allerdings nicht gedacht, war ein echtes Versehen
infolge der bedrohlichen Gedanken, daß es zum dritten Male schiefgehen könnte).
Mit inbrünstiger Genugtuung betrachteten wir erleichtert das betont kräftige Bekreiden
der Königsinitialen auf den Rahmen unserer Haustür C+M+B*1987 (Caspar, Melchior
und Balthasar oder richtiger: Christus Mansionem Benedicat / Christus
segne dieses Haus).
Kurz und gut, ich knipste hinter dem Rücken
meiner entzückten Frau mit einem Auge den vier Strahlekindern zu, weil ich sie
gleich, wie vereinbart, in ihr heimisches Territorium fahren würde.
Offiziell verabschiedeten wir uns, schlossen
die Türe – und da noch Kartoffeln frisch zu kochen waren, fiel mir plötzlich
eine unaufschiebbare Erledigung ein, die ich in zehn Minuten zu bewältigen
versprach.
So karrte ich die vier ungeduldig Wartenden
von der vereinbarten Stelle hinter einer Kurve zurück zu ihrer eigentlichen
Arbeitsstrecke, und wir schieden in froher Stimmung und verschwörerischer
Verschwiegenheit.
Ich kam gut gelaunt und ob des vollen Erfolges
befriedigt nach Hause gebrettert in der Erwartung des beliebten Status Alles-eitel-Sonnenschein, da stand im
Hauseingang meine Frau, die Arme verschränkt: Direkt vor ihr die heimische Gruppe Sternsinger, die
lautstark ihr Platzrecht bekräftigte, von „unzuständiger Einmischung, und was
für welche das eigentlich gewesen seien und da könne ja gleich jeder kommen“
hektisch und erregt durcheinander schimpfend.
Mittels dritter Zahlung, und zwar in der
wiederum gut bemessenen Höhe, nunmehr eher aber gerade so schlichtend
akzeptiert, verabschiedete sich die aufgeheizte Truppe murmelnd mit der Warnung,
daß dies aber nicht nochmal geschehen dürfe, sonst müsse man dem Pfarrer melden
– und hakten kraft ihrer zuständigen Berechtigung die von den anderen
verfertigten Kreidezeichen deutlich ab.
*breitgrins*...das will man mal was Gutes und dann sowas...Der Teufel ist so manchmal wirklich ein Eichhörnchen^^
AntwortenLöschenNur gut das ihr euch damals noch wieder versöhnt habt. Der gute Wille sollte ja schon gesehen werden :-)
Wünsche dir und Bine heute Feliz Navidad, habt einen schönen Tag und lasst es euch gutgehen.
liebe Grüssle