Sonntag, 24. Juli 2016

…und nun mal wieder München!

Live ist (und bleibt) LIVE!
(und somit waren wir alle dabei)


Außer Spesen nix gewesen / aus einer Mücke einen Elefanten machen – das trifft es alles nicht. Das wäre zeitgemäß zynisch. Gestern* war die Münchener Polizei (und nicht nur die) zu einer Materialschlacht herausgefordert worden. Ich sah Sport in der ARD und es lief auf einmal ein LIVE-Ticker, so ein buntes Band am unteren Rand des Bildes – Schüsse in einem Münchener Einkaufszentrum. So ging es los.
Es dauerte nicht lange, da wurde der Sport abgebrochen, die Live-Berichterstattung lief nach amerikanischem Muster an – ich war hautnah dabei – auf einmal hieß es: mehrere Täter, Langwaffen! – bei RTL sogar schon Zeugenvideos (ein junger Mann ballert vor McD mit Pistole), und immerzu die Aufnahmen von der unüberschaubaren Flut der Polizeieinheiten. Für Motive dankbar gehaltene Kameras rannten mit Kohorten mit, noch lieber zeigten sie eilig bewegte Menschen, auch durch Uniformen angetrieben, möglichst im Rudel oder gar in Massen. Das ist alles nicht witzig, aber lädt es nicht Nachahmer geradezu ein? „Boah ey – was kann ich ganz allein bewegen – ein Held auch ich, selbst wenn ich im Kugelhagel untergehe (Mann, toll wie in den PC-Spielen!).“ EINMAL BERÜHMT SEIN – das Ideal der heutigen Zeit, und dann noch für eine religiöse Sache – Spitze! Entlohnung wie bekannt.
Stundenlang hielten Kameras vieler Sender (RTL natürlich, aber auch BR für die ARD – war ja ihre Sache) – auf unzählige Beamte, jaulende Einsatzwagen zu hunderten. Jedweder Verkehr wurde unterbunden, Räumung der betroffenen Gegend – und dazu Reporter, die völlig aus dem Häuschen berichteten. Ihre Stunden! Alle zehn Minuten eine Zusammenfassung, damit Neuzuschauer gleich den Faden finden und mühelos ins Geschehen einsteigen können, immerzu das gleiche geduckte Herumgehaste, ob in ausladend bepackten Uniformen oder Leute der Straße mit Kind und Kegel, und vor allem, gerne gesehen, Präzisionsschützen in Deckung mit Waffe im Anschlag.
Bedrückende Bilder, verängstigende Mußmaßungen: Terror-Anschlag! Wie immer IS, na klar! Hektik in der Luft – das sagenumwobene Kommando GSG 9 auch schon mit Hubschraubern aus dem Bonner Raum unterwegs – es könnte ja noch eskalieren, verständlich. Alles wird über zahlreiche Stunden im Minutentakt wiederholt, immer auch Neuzugänge von Handy-Videos oder apathische Zeugenaussagen (weiterhin die Rede von mindestens 3 Attentätern, Langwaffen im Einsatz)! Bei der Vielzahl der akustisch vernommenen Schüsse – Maschinenpistole möglich! Sich steigernde Außenreporter, geradezu enttäuscht, wenn Vermutungen sich nicht bestätigten. Und den ungeschickten Zeugen werden doch die Häppchen schon vorgekaut nahegelegt... (enttäuschte Sensationslust – das kann doch nicht so schwer sein).
Stundenlang bin ich im Bann – Hände vors Gesicht, durch die Finger blinzeln, das Unfall-Syndrom. Alles menschlich, man versetzt sich rein, man hätte auch zur falschen Zeit am falschen Ort sein können. Unvorstellbar – also beinahe, denn hier wird mir nun vorgeführt, wie es wäre, wenn ich jetzt auch….
Heute Morgen* – ist es nur zur Beruhigung? – es war also ein Jüngling deutsch-iranischer Herkunft, nur mit Pistole. So viele Schüsse? Es heißt, Einzeltäter (weil man die anderen nicht findet? Polizei-Finte?) – aber ein Blutbad hat er erreicht: noch schwanken die Zahlen von 9 oder 10 Toten (der Täter ist auch tot, selber gerichtet – das scheint auch heute noch die Zähl-Hürde zu sein) – sehr viele Verletzte. Manche in Lebensgefahr. Nix mit Islam – als seelisch gestörter Amok-Fan ein Breivik-Höriger, irgendwie (genau vor 5 Jahren war das). Das alles ist absolut ein Desaster, eine Gräueltat für die Angehörigen – viele werden seelischen Schaden davontragen durch das Miterleben – Beileidsbekundungen aus aller Welt häufen sich – machen wir doch auch immer – und leider und nunmehr auch noch häufiger. „Unsere Gedanken sind jetzt bei….“
Ich verkenne nicht das Leid der betroffenen Menschen, die Belastung der Einsatzkräfte, Panik, Schicksal – alles völlig klar. Die Mobilmachung hat funktioniert, das ist beruhigend – die Opfer sind zu beklagen, mit den Angehörigen ist mitzuempfinden. Die böse Seite des Schicksals.
Mich verunsichert nur der journalistische Umgang mit alledem. Gewiß, wir wollen sofort und überall und zwar über alles informiert sein, den Anspruch bringt die heutige Zeit mit ihren Möglichkeiten so mit sich. Aber es dominiert für meine Eindrücke die Geilheit nach Sensation, die Öffentlichen wollen um jeden Preis sich von den Privaten nicht weiterhin die Wurst (oder Käse?) vom Brot nehmen lassen – ein ganz anderer Kampf ist da entbrannt. Und auch der ist in meinen Augen schlimm.
*heute ist gestern vorgestern
** und heute ist somit….gestern – richtig!

1 Kommentar:

  1. ...und weiter geht es....

    Ich halte mich diesbezüglich zurück d.h. schriftlich. Habe meine eigene Meinung und dem was versucht wird der Menschheit "untergeschoben" zu werden.

    Jedenfalls dürfte das nicht das Ende gewesen sein...auch wenn vielleicht doch entgültig das Ende von Europa was Baba für 2016 ja schon weisgesagt hatte^^

    Dennoch muss das Leben und der Alltag weitergehen. Kriege, Terror, Machtgehabe usw. gab es schon immer, leider. Die "Spezie-Mensch" kann nicht anders.

    Liebe Grüsse

    N☼va

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Danke! ;)