Samstag, 3. November 2012

Mitmachen



Das gehört so
(ich mache was mit – beim Mitmachen)

Zur Zeit läuft in der Glotze ein für mich absolut nerviger Werbespot für ein Bier, in dem es eingangs heißt: „Wenn aus Herrn Weber ….SEBASTIAN wird …“ und dann bin ich schon aus dem Häuschen: einerseits die Kunstpause, ganz leicht angedeutet – und dann ein kerniges Betonen des Vornamens – schrecklich. Es werden nur wenige nachvollziehen können, weil jeder so seine eigene Skala der No-Gos hat (um bei der Sprache der Überschrift zu bleiben). 

   Aber sowas schafft mich, wenn suggeriert wird, hach, hier ist einer nun angekommen, anerkannt im erlauchten Kreise von Hans & Franz, er wird akzeptiert, er freut sich – „Ich gehöre nun dazu! Bin mittendrin, stehe nicht weiter abseits“ …ganz wichtig. Bloß nicht Außenseiter sein, „Das geht gar nicht!“ Ätzend, hätte man noch vor kurzem gesagt – aus meiner Sicht, aus anderer wäre cool passender. 

   Das gab es schon immer, das wird immer so sein. Rituale, Redewendungen, Verhaltensweisen. Bis zu einem gewissen Grade auch für mich unumgänglich und somit erträglich – aber es gibt für jeden eine persönlich empfundene Schmerzgrenze.

   Beispiele, nur so, ganz spontan: Da treten bei geschichtlichen Gedenktagen die hochdekorierten Veteranen auf, ordensbehangen, weniger vom Alter als vom Klimperschrott gebeugt. Da lassen es sich die Führungspersönlichkeiten „nicht nehmen“, die beschrifteten Bänder an von Lakaien getragenen Kränzen zu glätten. Bei Einweihungen werden fröhlich Spatenstiche vollzogen und für die Presse wird das Schippegrinsen aus dem Sandkasten hervorgeholt. An Orten der Tragik –und es ist so sicher wie das Amen in der Kirche- malt umgehend jemand mit dickem Filz auf einen Kartondeckel WARUM?. Ja … warum? Betroffenheit heißt doch nicht Nachäffen – aber es symbolisiert die Hilflosigkeit, und die schon ganz besonders: Warum? Ich denke, um irgendetwas zu tun. An den Bahren (vielleicht auch erst Tragen) an Unglücksorten schleppen Dutzende mit, obwohl nur 2 bis 4 anpacken können. Die Kameras nötigen geradezu. Die mit Brimborium und hampelnden Garden empfangenen Staatsoberhäupter (allen voran amerikanische) - die dolchen mit Zeigefinger und Strahlegesicht in die Bevölkerung – überall kennen sie die Leute, wollen sie andeuten. Alberne Gesten für die dankbare Presse. Die Kanzlerin macht es auch schon, na klar, das macht MAN so.

    Nehmen wir alltägliche Beispiele, kennen wir alle, wir sind auch Teil davon (gewesen) – die demonstrative Katerstimmung am Morgen nach einer Feier, Dienst ist Dienst – verstehen doch alle. Kerniges Zustimmungsgrienen, jaja, so ist das bei uns. Der Berufsalltag mit Mahlzeit*, Feierabend, Schönes Wochenende. Ist doch klar. Das sagt man so und alle wissen, was anliegt, welcher Kummer, welche Sorgen zuverlässige Begleiter sind. Das eigene Los tragen – nach außen gute Miene, warum auch nicht – Wie geht’s nicht wörtlich nehmen, am Ende müßte man dann auch noch begründen, wie es so steht. Und wer will das wirklich hören, in der eigenen Lage. Das alte Sprichwort sagt: Lach, und die ganze Welt lacht mit dir – weine, und du weinst allein. Heiliger St. Florian …

   Mein Vater war schon immer ganz wibbelig auf den jeweils zweiten Feiertag, an dem er bei den Festtagsgrüßen bereits am Morgen mit „schon bald gehabt zu haben“ souverän seine Grammatik auspackte. Das sind so sicher erfüllte Erwartungen wie beim schiefen Turm von Pisa, der auf Fotos selig grinsend von Urlaubern gestützt wird. Beim Tanzen – die  ZDF-Finger gespreizt vor den Augen längsziehen – überdeutliche Gänsehaut (bei mir). Und ich meine nicht das begeisterte Härchen-Aufstellen auf den Armen, sondern dieses peinliche Rieseln des Fremdschämens – im ganzen Körper. Aber bitte, bei jedem ist es anders – wir sind alle individuell. Jeder ist einzig. Das sollte wohl sein. ALSO –  an dieser Stelle nun mein Coming out (nur eines für Leser, denen es nicht vergönnt ist, es zu sehen): Ich liebe es, Socken in Sandalen zu tragen – nach Möglichkeit Tennissocken – klasse, sage ich nur!!! SO.

   Den Sport habe ich noch gar nicht gestreift – also Breitseite: Da schießt einer ein Tor, und ein paar Hansel um ihn herum spulen die eingeübte Choreografie ab, derweil er sein wohlkalkuliertes Erfolgsszenario vollzieht. Für mich noch unsäglicher sind die gegenseitigen Sektduschereien der Rennfahrer – alberner geht es nicht. Auch Posen sind dankbare Ziele für die Schnappschüsse: Wetz-Bolt’s braune Pfeilarme zum Himmel, unermüdlich von der Journaille gefordert – das macht er natürlich (bei dem Salär); der amerikanische Boxansager Buffer, der für seine gezogene Namensdehnungen mit Geld in aller Welt geradezu zugeschissen wird (Bafffeeeeeer). Klappern gehört zum Handwerk, schon gerade beim Schwergewichtsboxen, die Theatralik steigert sich von Jahr zu Jahr – und laß erst mal einen den Klitschkos (es ist lange mal wieder überfällig, bei welchem auch immer) auf die Glocke kloppen, dann ist was gefällig …

   So sicher wie nur was wird in Goldmedaillen gebissen, ach was, Silber und Bronze beißen synchron mit – das muß einfach sein, das war immer so, das ist ganz sicher auch in Zukunft so ….nervig. Die Presse verlangt es, der Sportler spielt mit. Man stelle sich die Schlagzeilen vor, er wage hochmütig gegen den Pressebefehl aufzumucken!

   Haben Sie gemerkt, daß immer häufiger mitgeklatscht wird, wenn der eigene Name fällt – im Ausland normal. Wir lassen uns anstecken. Me and my wife – und nicht: Meine Frau und ich. Das kommt ganz sicher – wie hieß es schon früher: Was wäre ich ohne mich. Aber meine Oma, die Ihnen schon bekannte Philosophin Martha Becher, die sagte noch: MEINE WENIGKEIT – das waren noch Zeiten (niemals hat sie das zwar wirklich gemeint – aber sie sagte es!). Wenn ich mir vorstelle, sie schieße jetzt ein Tor und macht dann an der Eckfahne Hula-Hoop-Gymnastik… ja, ich bin immer noch bei meiner Oma … und diese Phantasie  ist mir um ein vielfaches lieber, als verblödete Reklamen zu erdulden. 

   Tut mir alle einen Gefallen, nur einen: Kauft keine Produkte, mit deren Reklame Ihr verarscht werdet! Nehmt es als ganz persönliche Revanche, mehr muß gar nicht sein. Bei mir ganz oben: das Telefon-Zähl-Beispiel –so ähnlich wie zwei und zwei; die dusselig-dilettantischen Autoverglasungsmitarbeiter;  die grenzdebile Müslireklame, vom Inhaber selbst verzapft, und die ungezählten unsäglichen Sportskanonen (Vollblutsportler, aber in Reklamen linkisch bis zum Anschlag) …. ach,  ich wüßte noch soooo viele. Und ganz besonders hasse ich Reklamen, in denen der Kunde begriffsstutzig, wahlweise schwerhörig ist – damit das Produkt oft erwähnt wird: AB HEUTE NUR NOCH DAS NEUE BLUFF! - Das neue Bluff? - RICHTIG; DAS NEUE BLUFF!!!


*
Es gab sie aber von Anfang an, die MAHLZEIT-Verweigerer, ich habe einige kennengelernt.  Verbissen echoten sie gerade eben NICHT mit im Chor des WIR, trotzig, beharrlich aufbegehrend  – in der heutigen HALLO-Zeit ist das leicht geworden, neutral zu antworten   Mit „Guten Appetit“ als Gruß versuchte damals ein Kollege unverdrossen Neuland zu betreten: Aber wenn man nicht ißt und auch nicht vorhat zu essen? Was bleibt dann? Es ist doch nur ein Gruß, Gemeinschaft stellt er dar. Das macht man so. Das gehört sich einfach so, wenn man dazugehört. Und wer will nicht dabei sein – was ist schon dabei.

    Oder meinen Sie etwa HOCHACHTUNGSVOLL, wenn Sie es unter einen ernsten Brief setzen?

2 Kommentare:

  1. Moin moin

    also meine Wenigkeit kann dir in vielen Dingen zustimmen, und das mit der Wenigkeit kommt von mir tatsächlich auch ab und zu noch über die Lippen, und Moin Moin kannst du im Norden von Deutschland den ganzen Tag über sagen, wer es nicht kannte wurde aufgeklärt ;-)

    Bei TV Werbung kann ich eigentlich sagen dass mich kaum Eine nicht nervt, da gibt es wenige Ausnahmen. Selbst Gismo reagiert "allergisch" wenn diese junge Frau im roten Kleid sich dreht und "fertisch" ruft. Den Ton mag er gar nicht.

    Ich habe mich schon immer gefragt wie Menschen sich von Werbung so beeinflussen lassen können, und dann auch noch an die Versprechungen glauben. So "plont" kann man doch gar nicht sein.

    Seis drum, ich werde mich später wieder über die Werbeeinblendungen bei der Formel 1 ärgern, ausgenommen dann wenn ich das stille Örtchen besuchen muss^^

    Dir einen schönen Sonntag und ♥liche Grüsse
    Nova

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  2. Mit herzlichem Dank Dir auch einen guten Sonntag - übrigens gibt es auch Reklamen, die ich mag, vornehmlich witzige und geschlechtsspezifisch auch mit reizenden Frauen, jünger ist kein Hindernis (meine La-Palma-Lady winkt jetzt ab, ich kann es mir bestens vorstellen). Aber unser gemeinsamer Hit war seinerzeit die Reklame für eine Familienkarrosse; der Vater räumt ordentlich Gepäck hinein, 2 Hallodris fahren daneben und der Fahrer spottet ob des emsigen Familienvaters, der wohl viele Kinderlein zu versorgen hat. Und dann kommen sie, Frau und 3 Töchter, wehendes Wallehaar in Zeitlupe, atemberaubende Feen - der Spötter bekommt umgehend von dem anderen eine gewatscht, denn der Blick des Vaters sagt - in diesem verminten Gelände habt Ihr Pfeifen nicht den Hauch einer Chance!!! Sabine und ich haben diesen Spot genossen - aber sowas von auf den Punkt inszeniert, das gelingt selten. Biba

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Danke! ;)