Au Backe! (2)
Peinliches aus meiner (Um)Welt
Mein Vater, ein Diplomat
Mein Vater
war kurz zuvor in den Ruhestand getreten. Ich besuchte ihn, wir machten durch
die Betzdorfer Innenstadt einen kleinen Bummel. Auf einmal hielt er inne, vor
uns ein schwatzendes Rudel Rentner, er zögerte – aber da ich stutzte, schritt
er forsch aus und war sichtlich bemüht, schnellstmöglich an diesem ihm offenbar
unangenehmen Engpaß vorbeizuhasten. Flüchtig grüßte er rüber, zu spät. „Mensch
Herbert, wie dann? Was meinste, wie die heute Abend spielen?“ Wir waren
ausgebremst. Vater zuckte unangenehm berührt mit den Achseln. „Weiß nicht.“
„Wat, du weißt nicht? Die gewinnen, jede Wette, die gewinnen!“ Vater zeigte
sich nachdenklich. „Gewinnen, na, wer weiß, ein Sieg …heute, …also, ja
vielleicht, vielleicht auch nicht …“ Der andere schien geradezu empört. „Ist
doch wohl klar ausgemachte Sache, der Sieg heute, anders geht das doch gar
nicht!“ Und mein Vater „Ja, mag sein. Aber ich bin eben nicht so sicher.“ Vater wollte nur noch weg. Der Schwätzer gab
nicht auf. „Mußt doch eine feste Einschätzung haben, wie die heute Abend
spielen, Herbert! Was denkst Du, wie hoch die gewinnen?“ Vater versuchte, seine
fluchtbemühten Füße zu kontrollieren, wollte aber auch nicht einknicken. „Naja,
unentschieden wohl.“ „Unentschieden?“ Die Empörung griff um sich. „Die gewinnen
doch!“ Zustimmendes Murmeln,
bestätigendes Nicken der Getreuen um den Lautsprechertyp ringsum. „Ach, ich
weiß nicht, mein Gefühl sagt mir …es wird nicht reichen – ich glaube schon an
ein Unentschieden.“ Vater hatte sich nun doch festgelegt, Position bezogen, zum
völligen Unverständnis der Schwafelrunde.
Wir gingen weiter. Ich hakte nach. „Papa,
wer spielt denn da heute?“ „WEISS ICH DOCH NICHT!“ röhrte er mich unwirsch von
der Seite an. Das Thema war für ihn vom Tisch. Nun fragte ich mich, wer wohl
heute noch spielte – und es mußte im Grunde genommen nicht mal zwangsläufig Fußball sein. Die
Wahrscheinlichkeit aber war hoch. Abends hatte ich vergessen, ins TV-Programm
zu schauen. Vielleicht spielte auch nur Betzdorf …
Ich wollte
nur mal das herrliche Schweizer Wort für unser simples „Parken“ verwenden. Es
ist schließlich in der heutigen Zeit nichts Banales mehr, einen Parkplatz zu
finden.
Es war Flohmarkt, Stau der Autos in der
Zufahrt, ich sah eine Lücke, näherte mich. Ein wendiger Fußgänger wetzte an mir
vorbei, verstellte die Parkbox. Mit ausgebreiteten Armen verwehrte er mir überlegen
grinsend die Zufahrt. „Das ist verboten“,
sagte ich ihm durch das runtergelassene Beifahrerfenster, „reservieren
darf man nicht.“ Er war wohl aus dem Wagen hinter mir herausgehastet und
stellte sich nun stur. „Sie haben mich einfach in der Einfahrt überholt – meine
Frau fährt hier jetzt rein, das ist meine Parklücke!“ Nun hatte er mich – sowas
mag ich. „Das ist Ihre Parklücke, völlig klar!“ Er griente zufrieden, ich
machte den Wagen aus, stand also genau davor. „Was soll das jetzt, fahren Sie
weiter!“ Nun wurde er ungehalten. Herrlich, wie reizbar er war – ob er Humor
hatte? Ich stieg gemächlich aus. Seine Augen weiteten sich, empört rang er nach
Atem. „Das ist Ihre Parklücke – lassen Sie doch mal schauen – herrlich, so eine
eigene Parkbox, was?“ Anerkennend falsch lächelnd schritt ich in seinem Separee
umher, er wurde bedrohlicher – „Hau ab, Mensch, das ist mein Parkplatz – nix
da, überholen und einfach wegschnappen… ist doch wohl nicht wahr!“ Deutlich
rote Placken an den Kiemen. Wunderschön, es stand ihm…also das Blut, im Hals.
Kichernd schaute ich mich um. „Wie sind Sie nur daran gekommen – das muß toll
sein, so stolz mit einer eigenen Parklücke zu protzen – ES IST IHRE ….keine
Frage, ich wollte nur gratulieren, sagenhaft – so einen richtig eigenen
Parkplatz zu haben, wunderschön.“ Voller Hochachtung schritt ich, Zustimmung und Anerkennung nickend mit der Miene des Bewunderers, umher.
Er ist viel größer als ich, dazu gehört auch
nicht viel – jedenfalls rückt er bedrohlich an mich ran. Ich schätze schon mal
den Bereich seiner Klöten für den Fall der Fälle ein – man weiß ja nicht,
schnell bin ich jedenfalls. Er faßt mich wohlweislich nicht an, aber rückt
dicht auf mich zu. „Wegfahren, sofort!“ Aus dem Augenwinkel passe ich auf, ob
was ringsum frei wird. „Ich wollte Ihnen nur gratulieren, so eine feine
Parklücke, und dann die Ihre, Respekt, meinen herzlichen Glückwunsch wollte ich
Ihnen nur…“ Ich artikuliere langsam, schinde Zeit, mache ausladende,
respektvoll anerkennende Gesten mit den Armen. Ich schmücke meine Bewunderung
zeitintensiv aus. Ich bin sein Fan.
Nein, stimmt alles nicht. Ich bin dann
weitergefahren. Hätte doch nur Schwarzenegger neben mir gesessen, oder Sly
Stallone – tja, dann hätte ich das riskiert – oder es wäre gar nicht so weit
gekommen, wäre ich als ein Türsteher ausgestiegen. So ließ ich mir nur Zeit,
das Fenster hochzufahren, blieb noch einige Sekunden umschauend und
herausfordernd stehen und erkannte letztlich weiter hinten nach gedehntem
Fortfahren, gaaaaanz langsam, endlich eine andere Lücke. Sollte er doch „seinen
Parkplatz“ kriegen, der Arsch – ich hatte eine Geschichte. Aber wenn ich mal
groß bin ….
Meine
Großmutter, die bekannte schlesische „Philosophin“ Martha Becher (Schön ist ja wenn’s schön ist), fiel
manchmal bei meinem Vater, ihrem Erst- und Einziggeborenen, in Ungnade, und
zwar wider Willen, es passierte einfach. Und darauf lauerte meine Mutter nur,
denn sie verstanden sich so ganz und gar nicht.
Wir sahen im Fernsehen –es gab nur ein Programm-
eine Dokumentation über Schulen in England. Und dann ließ sich meine Oma zu der
unvergeßlichen Aussage hinreißen: „Was die kleinen Kinder schon so gut Englisch
sprechen.“ Aus dem Sitz im Familienvorstandssessel schoß Vater hoch und fauchte
mit rotem Kopf: „Red‘ doch nicht so einen Mist!“ Und meine Mutter kicherte,
vollauf zufrieden. Ihr Blick zu mir
sagte nur: Tja, seine Mutter!
*lacht*...klasse Episoden aus deinem Leben, und besonders gut hat mit das Parkplatzerlebnis gefallen. So wäre ich beinahe drauf reingefallen^^
AntwortenLöschenWünsche dir einen wundervollen, gemütlichen Sonntag und schicke liebe Grüssle zu dir
Tja, die Parkplatz-Episode - Du hast sie richtig gelesen! Eine mir sehr nahe stehende Person hat mir inoffiziell geschrieben, daß ich nur den Phantasie-Schlenker eingebaut habe, um von dem wahren Erleben abzulenken, denn hier erkenne sie den echten giftzwergMÄÄN, Zeile für Zeile - ist das nicht skandalös, diese Unterstellung?............. andererseits kennt sie mich aus dem Effeff - jahrzehntelang (und nun bin ich verunsichert, seufz).
AntwortenLöschen