Sonntag, 19. Oktober 2014

Der weiße Clown

Menschen unter uns (2)

Der weiße Clown

Oder auch Weißclown – egal: DEN habe ich schon als Kind gehaßt, eigentlich hat er mich die Wut gelehrt, dieser arrogante Fatzke! Klassische Figur hin oder her.

   Ich saß rotwangig auf der Holzpritsche, ließ Akrobaten und entwürdigende Tiernummern über mich ergehen und wartete – auf die Clowns. Und dann endlich, die langersehnten Spaßmacher, da waren sie: mit großem Gedöns kamen sie in die Manege, vorne weg der überhebliche selbstherrliche Chef der Gruppe, mit weißem Gesicht. Hinter ihm zwei flapsige Schussel, ergötzliche Tollpatsche, lebensfroh und naiv hatten sie dem Boss auf den Leim zu gehen. Wie habe ich ihn verachtet, wenn er die liebenswerten Trottel in den Hinterhalt lockte, seine gemeinen Späße auf ihre Kosten vollführte. Nach Lust und Laune beherrschte dieser höhnische Fiesling die gutgläubigen Dussel. Mein Herz blutete für die mit riesig langen Schuhen herum watschelnden Rotnasen in monströsen Hosen. Eiskalt berechnend nutzte er sie in ihrer Begeisterungs-Bereitschaft sträflich aus. Ich hätte ins Sägemehl flitzen mögen und diesem Drecksack ans Schienbein treten. Aber sie ließen sich von ihm nicht unterkriegen. Erst im Laufe der Darbietung rächte es sich, so auf andere herab zu blicken, sie stellten ihm irgendwann ein Bein, und darauf wartete ich. Es gab letztendlich Gerechtigkeit!

   Und sowas prägt. Wenn mir in späteren Jahren auf der Geschäftsstraße bemühte Pantomime-Schüler begegneten, sich an der endlos nervigen „ich bin von einer Glasscheibe eingesperrt“ –Nummer verausgabten, dann läuft mir bis heute so ein Peinlichkeitsschauer den Rücken runter. Sie sind im Grunde genommen nicht verkehrt, aber das weiße Gesicht reicht schon, mich innerlich aufmucken zu lassen, auch wenn sie angenehm schweigen (ich wünschte früher dann immer statt des Glases eine echte Mauer herbei, so mit dicken grauen Steinen und so). Geschenkt. Die ganze Mischpoke der weißen Fratzen nervt mich unausgesetzt.

   Eine Arbeitskollegin liebte den Harlekin, das Motiv beherrschte ihr ganzes Büro, vollgepfropft mit unzähligem Nippes – na gut, der traurige Clown, ein gutes Motiv, das Herz malträtierend mit seiner Fiedel – aber leider mit weißen Gesicht. Schon kommt es mir wieder hoch. Die Erbschuld sitzt tief.


   All das Gebaren geht wohl auf den klassischen Pierrot zurück, von mir aus. Ja, in Frankreich war er als herrisch und unsympathisch kreiert, na also. Dann die unterschiedlichen Abwandlungen, bis ins mitleiderregend Tragische hinein. Das ganze Gewese um diese Figur läßt mich kalt: Ich mag keine gekalkten Masken, bitte kein weißes Gesicht! 

1 Kommentar:

  1. Also....da wurde mir dieser Post wieder einmal unterschlagen -Frechheit- aber wie gut dass ich in stillen Stunden (habe mir noch einen Kaffee geholt und die erste Maschine Wäsche läuft) nochmal genau nachgucke^^

    So...Thema Clowns, ich musste echt darüber nachdenken. Konnte ich als Kind über diese Verfehlungen in der Manege lachen? Nicht wirklich, da hat meist das miteinander Lachen angesteckt (wenn überhaupt). Allerdings mochte ich es schon immer wenn dann Clowns ihre Musikinstrumente hervorholten und spielten :-)

    Deswegen mag ich wohl auch Grock gerne d.h. ich habe ihn ja nie live gesehen, aber die Abbildungen sowie Figuren von ihm mag ich gerne. Vielleicht auch weil er immer ein schönes Lächeln auf seinen Lippen hatte. Für mich auch ein hochbegabter Mann mit einer interessanten Biografie.

    Übrigens findest du bei mir eine Clownfigur, die ist aber ganz weiß, nur goldfarben verziert und klein. Daneben noch zwei Kacheln mit Clowns....lächelden Clowns versteht sich ;-)

    Dir auch einen schönen Start ins Wochenende und ganz liebe Grüsse
    N☼va

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Danke! ;)