Sonntag, 12. Oktober 2014

Kritik 3

Kritik III

-ein Nachtrag -

Nun trage ich nach, nachtragend bin ich, natürlich, aber das muß ich einfach noch ausführen: Bei der typisch deutschen Einschätzung von U und E hier also unter Zuhilfenahme des verständlichen Beispiels aus dem Fußball eine Werteskala, die jeder für sich auf Autoren und Werke umdeuten kann.

   Es gibt eine sogenannte „Weltauswahl“ – von der Journaille benannte auffällige Spieler aus sattsam bekannten Nationalteams zusammengewürfelt. Offizieller schon die Nationalmannschaft – und bleiben wir im Lande und schauen uns die Abstufungen genauer an: Bundesliga, dann sogar Liga 2 und wohl auch 3 soll es da geben (mir persönlich aber auch sowas von wurscht), verständlicher für mich dann Regionalliga, Oberliga, Verbandsliga, Ortsklassen mit Theken- und Hobbymannschaften, alles, was in der Lage ist, einen Ball zu erkennen und mit Gejohle und beherzt drauflos zu bolzen.

   Was ich damit sagen will: Nicht jeder Schreibende ist ein „Nationalspieler“! Nicht jedes Werk zeitigt den Verdacht, die Literaturgeschichte nachhaltig zu erschüttern. Auch ist nicht immer von den Allergrößten alles GOLD. Aber sich von „unterhaltsam“ und „ernst“ zu lösen wäre schon mal ein Anfang. Ein Jeder schätze ein nach persönlichem Gusto. Und es für sich selbst zu behalten ist auch kein Unglück.
„Das Beste“ sei gerade gut genug. Nur: Das gilt nicht für jeden Konsumenten – denn: Wer entscheidet denn, was gut ist? Ist das nicht jede/r Einzelne, der sich erlaubt, persönlich seine Wahl zu treffen, seine Entscheidung aufgrund von Bildung, Erfahrung und Geschmack zu bilden? Und was, bitteschön, ist wirklich und wahrhaftig „eigene, unbeeinflußte Entscheidung“?

   Ich habe hierfür ein weiteres und bewährtes Anschauungs-Beispiel. Ich habe es als „literarisches Ereignis“ in einer Autorengemeinschaft kennengelernt. Ich nenne es hier mal nicht „Surprise-Box“, weil ich einen englischen Begriff nicht als notwendig erachte, ich sage „Text in der Kiste“  dazu – das unbekannte Stück / Werk.

   Die schreibende Zunft versammelt sich in einer hoffentlich großen Runde, jeder hat einen Text, Maschinenschrift (heute also PC-Ausdruck) und maximal eine Seite, dabei. Und Viiiiiiiiel Zeit! Dieses anonyme Blatt wandert in ein Behältnis, in dem alle abgegebenen Texte durch Weitergabe gemischt werden und anschließend wie Lose reihum gezogen werden (sollte man den eigenen Text erwischen, bitte austauschen). Dann liest sich jeder den ihm unbekannten Text durch und es wird begonnen, einen nach dem anderen zu verlesen und somit namenlos zu besprechen. Es wird also ungeachtet der Person des Verfassers die eigene Einschätzung spontan geäußert, die anderen geben bemessen ihren Senf dazu. Es empfiehlt sich, hier eine vereinbarte Zeit einzuhalten, dann weiter zum nächsten Literatur-Erzeugnis. Es ufert sonst aus. Ist die Runde absolviert, gibt man die Texte von Hand zu Hand weiter und es behält am Schluß jeder „seinen“ Text. Man könnte das Spiel hier beenden, aber würziger ist es, wenn nun jeder noch mal seinen eigenen Text vorliest und sich dazu äußert, wenn er möchte (eine Möglichkeit zur vielleicht als notwendig erachteten Klarstellung). (Keiner soll nur Schlucken, ohne sich auch Auskotzen zu dürfen!)

   Die Erfahrung zeigt, daß es immer Teilnehmer gibt, die gerade und ausgerechnet jetzt keinen Text dabei haben („leider vergessen“– macht nichts, ich fülle dann mit prominenten Kurztexten auf, die aber für gewöhnlich nicht zwangsläufig bekannt sind (es findet sich immer was in solch kurzem Umfang bei Hesse, Brecht, oder ganz neuen hochgelobten Namen) – es sollte für jeden in der Runde ein Text vorhanden sein (aus der Erfahrung – am Ende habe ich zumeist zahlreiche Blätter in der Hand, denn es gibt so einige, die sich dieser Herausforderung zu stellen nicht den Mut aufbringen. Schade irgendwie, aber so ist das unter Menschen; es werden nur zu gerne andere zerpflückt, sich selbst aber vorurteilslos zu stellen, das kann nicht jede/r).

   Sie würden staunen, wie oft beliebte Autoren aus der Runde – und aus der Weltliteratur!  - bekrittelt werden! Und wie Außenseiter, Neulinge, „Namenlose“ zu Ehren kommen.


   Viel Spaß – mehr brauche ich nicht zu beweisen.

2 Kommentare:

  1. Sehr interessant deine drei Kritik-Posts und ich musste dabei auch schmunzeln weil ich viele Reaktionen geahnt habe. Genauso wie in diesem Post die Reaktion mit den beliebten Autoren und den Außenseitern. Ich könnte darum wetten das wenn jeder Autor sofort sein eigenes "Blatt" vorgelesen hätte so manche Reaktion eine Andere gewesen wäre.

    Ich frage mich auch immer warum viele Menschen so sein müssen, warum nicht offen und ehrlich zu ihrer Meinung stehen. Konstuktive Kritik ist doch immer gut, aber nur was schlechtreden...

    Ich persönlich lesen so einige Genre, und wie bei der Musik kommt es da bei mir immer auf die Stimmung drauf an. Finde immer eine Vielfältigkeit in jeder Beziehung des Lebens kann niemals verkehrt sein, selbst wenn andere Menschen dann vielleicht etwas falsches denken sollten.

    Erst wirklich kennenlernen-in sich gehen-darüber nachdenken-und dann nochmal ein Urteil bilden...so versuche ich es immer zu halten wenn ich zu Beginn meine Negativ-Fühler aktiviert habe.

    Wünsche dir schonmal ein wunderschönes Wochenende, und die Sonne halte ich nochmal hier denn am WE soll es auch hier heftig regnen. Die Wolken- bzw. Regenfront sieht heftig aus (el tiempo)

    Liebe Grüsse

    N☼va

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  2. Danke für diese Einlassung Deinerseits - tja, ein weites Feld, aber ich mußte das mal ausarbeiten...

    Hier sehr trüb heute - aber Sabine sagt, bei Euch droht eine ungewohnt üble Wetterlage - dann hoffe ich, es bleibt nur bei Nässe (und keine Schäden) - schönes Wochenende wünsche ich - und nochmals vielen Dank für Deine Kommentare! Ich hoffe, es geht Dir gut.

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Danke! ;)