Samstag, 11. Oktober 2014

Kritik 2

Kritik

-         Teil 2 -

   Negative Reaktion

Das ist natürlich der interessanteste Bereich, die Ablehnung von Anfang an. Eigentlich unwichtig, verärgert es dennoch. Hier lernt man als Autor andere Menschen durchaus noch einen Tick besser kennen. Da sind zunächst die, die einem gut wollen. Eine Minderheit. Sie haben etwas entdeckt und sie halten damit nicht hinter dem Berg – das kann hilfreich sein, für beide Seiten, denn manchmal unterliegen sie ja einem Irrtum (oder sie helfen dem Schreibenden wahrhaftig weiter – das ist aber nur allzu selten). Sie haben halt eine andere Sichtweise. Ich denke da nur an leblos verstiegene Philologen („Heinrich Böll ist ja der größte Schriftsteller, der nicht schreiben kann“ – vergesse ich bis heute nicht, und das war unmittelbar vor dem Nobelpreis) – gefühlig verkümmert in ihrem sterilen Elfenbeinturm. Empathiefreie Verbildete sozusagen. Sie würden selber so gerne, halten sie sich doch für Elite, sie können aber nicht. Kreativität kann man schließlich nicht lernen. Und das geht diesen armselig Bemühten völlig ab.

   Dann die Selbstdarsteller, denen es um ihre Person geht, und nichts als sie selbst (die kennen wir alle z.B. aus dem Fernsehen, da schaffen es einige sogar zur Berühmtheit, aus welcher Berechtigung heraus auch immer – ich verbessere: sie sind eher berüchtigt). Nein, das kritisierte Buch spielt in Wahrheit, wenn man ganz genau hinhört, wirklich nur eine untergeordnete Rolle: Hier wird vollmundig hingerichtet, aufgrund nebulöser Eigenermächtigung und eines ominösen Sendungsbewußtseins eine Exekution betrieben, die an Selbstverliebtheit nichts zu wünschen offen läßt.

   Und so begegnen sogar dem minder erfolgreichen Autor/der um Anerkennung bemühten Autorin auf freier Wildbahn die Klugscheißer, Korinthenkacker und Nervensägen, die ja nun etwas ganz genau wissen und ihre ungefragte Verlautbarung nicht zimperlich verkünden  – warum auch, sie wollen doch letztlich in Erscheinung treten! „ICH hingegen meine aber …“ - interessiert kein Schwein. Weil es keinen Sinn hat!

   Und die Boshaften, die es einfach brauchen, andere ans Bein zu pinkeln, denen das Verletzen, das Niedermachen das Zerstören ein finsteres Bedürfnis ist. Bleibt zu hoffen, daß sie einen guten Halt finden. Wäre doch schade um die fehlgeleitete Bildung, sogar so ein Mensch kann unter Umständen einen Wert darstellen. Es muß dieser Versagerin/einer solchen Niete ein sinnvolles Gebiet zuteil sein, dann könnten sie sich durchaus als nützlich erweisen. Solche Krankheiten sind therapierbar! Es muß diesen verblendeten, verkorksten Zeitgenossen nur gesagt werden. Gott sei mit Euch, dröge Nörgler und armselige Verhärmte und verkniffene Miesmacher. Ein gutgemeinter Rat: Mißgunst, Neid und Erkennen des eigenen Versagens sind kein guter Anschub. Bei allem erbitterten Bemühen nicht.

   Gerade Leute der sogenannten ‚Bildungsschicht‘ entpuppen sich nur allzu oft als Fachidioten: in ihrem Metier haben sie durchaus etwas erreicht, in der Gesamtschau aber letztlich entpuppen sie sich als unbeseelte Theoretiker; bestimmte Bereiche ihres erbärmlichen Daseins im Frust sind verkümmert, unterentwickelt geblieben. Bei der Vergabe der positiven Emotionen wurden sie schmählich übergangen (Jaja, ich lasse mich jetzt gehen – aber wenn nicht hier, wo dann? Schauen Sie mal, wie mein blog heißt!)

* * *
   Ich hatte viele Veröffentlichungen, Lesungen, Treffen mit anderen aus dem gleichen Literaturzirkus (einige Jahre als geschäftsführender Vorsitzender des zweitgrößten Autorenverbandes erlebte ich so Einiges, und es wurde mir auch allezeit viel zugetragen – vgl. mein Buch „Aufzeichnungen eines Nestbeschmutzers“). Was für eine Aufregung in den eigenen Reihen über mein ungezügeltes Plaudern aus dem Nähkästchen: Versteinerte Mienen, Abkehr, Bann! Und beileibe nicht nur bei wenigen Einzelnen, wohlgemerkt.

Gewiß, ein richtiger Durchbruch ist mir nicht gelungen (die 3.000 von eigenen Büchern in ein paar aktiven Jahren mit Lesungen sind noch nicht überschritten), aaaber: redlich ernährt sich der Giftzwerg, oder so. Und ein tröstlicher Blick auf den Buchmarkt: z.B. Lyrik-Auflagen übersteigen selten die Tausend. Müßte ich davon leben, ich wäre sehr schlank, tja – ich bleibe dran. Für mich ist das Erleben, ein Buch fertiggestellt zu haben, unvergleichlich. Ein einzigartiger Hauch von Glück. Und das Gefühl möchte ich niemals missen. Da wird die Veröffentlichung letztlich zur Nebensache.

   Jede und Jeder ist ein eigener Kritiker. Betrifft weniger die Eigenkritik, der sind die allerwenigsten fähig (außer beim beliebten „Fishing for Compliments“, aber das (ver)urteilende Meinungsbilden, das gehört zum Leben. Das kann eines Tages durch Besinnung korrigiert werden, das kann aufgrund von Bestätigung beibehalten werden, es öffnet oder verschließt sich, je nachdem.

   Es ist nur eine Frage des Charakters, wie man sich „kritisch“ verhält. Darin die Kernfrage: Was bezwecke ich damit?

   Ein Jeder darf Kritiker sein – für sich. Jeder hat das Recht auf seine Meinung; wen sie interessiert, ist eine ganz andere Frage. Es ist und bleibt letztlich alles eine Frage des persönlichen Geschmacks! Der Bildungsgrad weicht von X zu Y ab, ernster Anspruch (E) und reine Unterhaltung (U) haben parallel ihr Recht (übrigens eine nur allzu typisch deutsche Unterscheidung) – die Belastbarkeit tut ein Übriges. Wer völlig abgemolken ist, von der Arbeit geplättet nur noch Entspannung ersehnt, dem ist kaum zu verdenken, den Kunstanspruch erst mal ruhen zu lassen. Das ist niemandem zu verdenken! Nur ein großer Bereich des Künstlervolkes reibt sich daran (von der Warte ihrer ‚erhörten Berufung‘ her doch eher echter Arbeit abhold).

   Und die Beckmesserei von Betreibern der schreibenden Zunft untereinander kann Bände füllen. Die Literaturgeschichte ist voll davon. Ansichtssache und Streit sind so alt wie die Menschheit, und seit der Mensch schreibt, kommt er gut oder weniger gut an. Nicht jeder Erfolg trifft bei allen auf Begeisterung, nicht jeder Mißerfolg ist voll und ganz verdient. Es ist und bleibt alles ein unkalkulierbares Unterfangen. Wir haben in Deutschland um die neunzigtausend (!) Neuerscheinungen pro Jahr – und das sind nur die mit ISBN versehenen Bücher. Die unzähligen Eigenverleger, die sich nicht registrieren, sondern nur beherzt ihr Kleinod drucken lassen, kommen noch hinzu!


   Aber eines ist klar: Wer sich offenbart, liefert sich aus. Und da das auch den erfahrenen Schreibenden bekannt ist, sollte nicht alles für bare Münze genommen werden. Autorinnen/Autoren wissen schon, was sie tun! Kreativität verwebt Reales und Phantasie – das ist der Reiz – und nur darum geht es.

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