Kritik
(an allen, auch am
Leser)
In den
Achtzigern hatte ich ein Buch veröffentlicht: „AUFZEICHNUNGEN EINES
NESTBESCHMUTZERS – Satiren, Gags und Nonsens aus der Welt der Autoren“. Darin
habe ich durchaus nicht mit Selbstkritik gegeizt. Es ist mir ein Leichtes, mich
selbst auf die Schippe zu nehmen – daraus leitete ich damals den Freibrief ab,
dies auch mit anderen tun zu dürfen. Von wegen! Die Damen – vor allem Herren –
Autoren waren betreten, schlipswärts sozusagen. Allen voran in der unsäglichen
Autorengruppe Koblenz – an dieser Stelle mal einen schönen Gruß an die
Hinterbliebenen aus dem mit Recht aufgelösten Verbund; und danke für das
Heranführen an meinen Buchtitel: Das fiel leicht nach dem gewonnenen Eindruck
(am Rande: die Mitglieder vom rheinlandpfälzischen Freien Deutschen
Autorenverband konnten herzerfrischend mitlachen – was für ein menschlicher
Qualitätsunterschied – und bestimmt nicht als Speichelleckerei, weil ich ein
paar Jahre deren Gf. Vorsitzender war, als rechte Hand des für mich unsterblich
gewordenen HDL (Hans Dietrich Lindstedt). Gewiß, eine ganz andere Liga (dazu später).
Soviel zur Vergangenheitsbewältigung. Aber
es läßt mich nach wie vor den Kopf schütteln, wenn ich solche Sprüche höre wie Den Lesern den Spiegel vorhalten – Zum
Nachdenken anregen –Aufrütteln, die Augen öffnen! – was für lächerliche
Anmaßungen: Was glauben eigentlich einige, wer sie sind? Den Leser an die Hand nehmen – mit der Nase drauf stoßen ……..ui-ui-ui.
Wirklich hehre Vorhaben. Was aber auch für Übermenschen … Wenn es denn letztlich
nicht am Können mangelte … tja.
Wir von der schreibenden Zunft kritzeln aber
nicht nur für die Schublade, natürlich nicht. Ein bißchen Echo sollte schon
sein. Die Geltungssucht ruft uns. Andererseits, auch wichtig: B.Brecht soll
sinngemäß gesagt haben, eigene Bücher dürften für das unmittelbare Umfeld
(Familie, Nachbarn, Verwandtschaft) nicht zugänglich sein. Das kann ich gut
nachvollziehen. Es hagelt aber auch so schon mitunter Kritik – und das ist wiederum
besser, als gar nicht erst wahrgenommen, überlesen
zu werden. Eitel sind wir doch alle, Künstlervolk, dem wir wohl angehören.
Ich schreibe seit fast fünfundvierzig
Jahren. Da ist es mit Schubladen nicht mehr getan, Schränke sind gefüllt. Aber
wundgeschrieben, das bemühte Klischee, habe ich mich mit Verlaub nie. Wer
anfängt zu schreiben, dem würde ich gerne weitere Erfahrungen näherbringen, in
Ergänzung des o.a. Buches (der „Nestbeschmutzer“ ist hier im blog ja der
giftzwergMÄÄN – oh mein Gott, ich habe mich in 3. Person wahrgenommen, soweit
ist es schon gekommen). AAAAlso: Vorsicht bei den Reaktionen der Leserschaft!
Wer über den Klee lobt, beabsichtigt irgendwas – entweder will er eine
wohlwollende Buchbesprechung aushandeln à la Ich lobe Dich, wenn Du mich lobst, oder er zückt unmittelbar nach
der Lobhudelei ein Manuskript, daß er gerade jetzt und hier zufällig mit sich
trage – es sei z.B. „vom Neffen des Schwiegervaters des Nachbarn“, zufällig in der Tasche dabei, sowas aber
auch: Ob man nicht bitte die Freundlichkeit hätte, das einmal durchzuschauen: eine gaaaanz ehrliche Meinung bitte –
ungeschönt – MACH … DAS …NICHT! Niemals!
Das ist sowas wie ein Hinterhalt! Ach was soll‘s, verbrenn Dir den Mund, jeder
muß seine Erfahrungen machen.
… und
dennoch …
// SCHLAGLICHTER
Wenn die
Veröffentlichung in irgendeiner Form bezahlt wurde und nun totgeschwiegen wird
– ist der Text gut angekommen, Hand drauf! Wurde, was bei mir der Regelfall
ist, kostenlos konsumiert, dann ist es offener. Entweder die Lobenden wollen
was, oder die „Kritisierenden“ drückt anders der Schuh – (darauf komme ich
gleich noch).
Wenn zitiert
oder versteckt gemäkelt wird, wurde es nicht verstanden (logisch! Ich muß mich
doch froh machen, wenn es sonst niemand tut). Es liegt eine grundsätzliche
Mißbilligung vor oder es wird was ganz anderes damit eingeleitet.
Wenn man
dafür bezahlt wird, ist es etwas anderes, aber so: Nur die Leistung kosten und
kommentarlos verbuchen ist unfair, wenigstens! Mein Schlips gehört mir. Keine
Reaktion verbuche ich auch hier als positiv – Frohmachen ist nicht verboten.
Müßte ich
davon leben – ich wäre sehr schlank.
Wem nützt
Kritik – vor allem der negative Bereich (bei näherer Betrachtung zumeist
nazistische Selbstdarstellung (nicht wahr, M. R-R?) – man könnte ja auch mal
die Fresse halten (ja-nee, is klar: ein weites Feld – nichts als Schikane,
Gruß, Briest-Fontane).
Kommst Du in
meine Show, komme ich in Deine – oder weiter unten, nun hier bei uns: Gehst Du
auf meinen blog, gehe ich auf den Deinen. Wer hat die Zeit …ich picke mir
heraus, was es für mich wert ist. Zeitnot. Das Alter hat nicht alle Zeit der
Welt.
Verkappte
Wut? Neid? Hohn? Gleichgültigkeit – alles denkbar. Bei mir, bei anderen, ich
bin Teil davon, denn für andere bin ich bei den anderen.
Warum ich
überhaupt schreibe? Weil ich schreiben muß. Besser geantwortet haben seinerzeit
ranghohe Autoren mit z.B. Schreiben ist
ein Hauch von Glück (der Name ist mir entfallen, ich bitte um
Entschuldigung). Aber Hans Werner Richter aus der Gruppe 47 ist mir mit seiner
gekonnten Gegenfrage noch geläufig: Warum fliegt der Vogel?
LICHT AUS //
Mit Recht können Sie (oder könnt IHR) sagen,
bei Erfahrungen frage ich nicht bei Schmittchen, sondern wende mich an Schmidt
– gut, verstehe ich – dann versuch mal
ranzukommen …
Bedenke: Auch der auf kommunaler Ebene Agierende
hat politische Erfahrung. Oder besser, ich bemühe mal wieder Fußball als
Beispiel: Es gibt die Thekenmannschaften, Freizeitvereine, die untersten Klassen
auf Kreis- und Bezirksebene, die Regionalliga, zweimal Bundesliga, die
Nationalmannschaft, die Weltauswahl. Jeder spielt in seiner Klasse.
Je nach Blickwinkel befindet man sich
irgendwo (nach eigenem Gusto, nach den unterschiedlichsten Verlautbarungen –
und das muß absolut nicht deckungsgleich sein); vielleicht steigt man gar auf (Können,
Glück, Beziehungen, weil die Zeit reif ist) – auf alle Fälle wird die Leistung
unterschiedlich wahrgenommen, soviel ist klar. Und ein vorhandener Name hilft verkaufen – der Name kann von
irgendwoher mitkommen (Politik, Showgeschäft, Sport etc.). Bestseller ist nicht
immer Qualität – beileibe nicht. Und das ist auch allen klar.
Ein Gutes hatte Koblenz – einmal wurde das
Literarische Experiment veranstaltet. In einen Sammelkorb wurden namenlos
Schreibmaschinentexte von je rund einer Seite abgegeben (es war die Zeit vor
der PC-Revolte) – anschließend die Verteilung reihum, nur halt nicht den
eigenen Text „ziehen“ – und dann vorlesen und den anonymen Text besprechen -
der Eindruck des Vorlesenden selbst, die Meinung der zuhörenden Anwesenden. Das
klingt nicht nur fair. Abschließend reihum die Texte weitergeben, dabei den
eigenen behalten – für die spannende Auflösung zuletzt. In Mainz hatte ich
dieses Konzept aus der gemachten Erfahrung
weitergestaltet – ich wußte, daß einige kneifen, also hatte ich unbekannte
Texte von „Namhaften“ aus unserer Spezies abgetippt und eingeschmuggelt, wie
Hesse, Brecht, Bachmann, Enzensberger und Konsorten, diese Kurztexte auch
anonym zur Verteilung beigesteuert, so daß jeder in der Runde von über 20
Teilnehmern einen Text vorfand. Ihr könnt Euch gar nicht vorstellen, wie große
Namen in der Luft zerrissen und Lieschen Müller von nebenan mit ihrer Hausfrauenlyrik
gelobt wurde! Das war für mich die bahnbrechende Erkenntnis, das sagte mir
alles!! Mehr Beweis brauchte es nicht, das beflügelte geradezu!!! Die „Nase“
nämlich spielt immer und überall mit, der Text wird allgemein nie getrennt von
der verfassenden Person gesehen! Die ganz nüchterne Erkenntnis: Was ge- und
mißfällt ist nicht allein eine Frage des Textes!
Auch interessant: Was mich mit sechzehn
umhaute, muß es mit sechzig nicht unbedingt auch tun – oder umgekehrt. Ich
bleibe ja nicht immer dasselbe ICH. Es sei denn, ich bin ein Wunderkind – wie
sagte dereinst ein älterer Witzbold: Ich
war ein ausgesprochenes Wunderkind, ich habe schon mit elf gewußt, was ich
heute weiß.
Also: Wer viele fragt, erhält viele
Antworten (ich habe es mit meinen Büchern, gerade den Sammlungen mit Kurzprosa,
festgestellt: keine zwei Leser stimmen in ihrer Bewertung deckungsgleich überein)
– ich frage eigentlich auch gar nicht mehr – wer was anmerken will, kann das ja
tun. Mitunter ist es sogar anregend. Nicht jedes Mäkeln verletzt, wenn es denn
konstruktiv erfolgt.
-
Keiner
mag alles
-
Keiner
mag nichts
-
Vermutete
Gewichtungen zerfallen, alles bleibt offen
-
Letztlich
ist es immer eine Geschmackssache
-
Und
was für mich Wert hat, bestimme ich selber
-
Und
das habe ich auch jeder und jedem anderen zuzugestehen
-
PUNKT
Nie die Hoffnung aufgeben, daß einen auch
zahlreiche andere lesen. Der wichtigste
Leser muß überzeugt bleiben. Na, wer wohl … ;-)
Wenn ich in
meinen Manuskripthalden wühle, stoße ich auch auf Texte, an die ich nicht mehr
die geringste Erinnerung habe. Kurios, befremdlich, interessant, beschämend –
von allem.
WIE BITTE???
– IHR FINDET; AUSSER DEM WUNDERKIND SEI
NICHT VIEL AMÜSANT GEWESEN???
Gut, als
Zugabe noch andere Bumerang-Sätze:
Wo wir sind,
klappt nichts, aber wir können ja nicht überall sein (alter Bürowand-Spruch)
Wenn Sie
glauben, ich bin ein Idiot – dann sind Sie bei mir aber gerade beim Richtigen!
(Heinz Erhardt)
Voriges Jahr
standen wir direkt an einem tiefen Abgrund – dieses Jahr sind wir einen ganzen
Schritt weiter (beliebter Bilanzsatz auf Bürofeiern)
Wer andern
eine Grube gräbt, hat Gold im Mund (zu mehr reicht es bei mir gerade nicht)
Klasse....und ja, konstruktive Kritik sollte die Menschen überlegen lassen, zumindest das.
AntwortenLöschenEr hat mich richtig gut schmunzeln lassen, so habe ich einige deiner Sätze auch schon vernommen und mich immer gefragt wie die Menschen denn gepolt sein müssen. Allerdings schlimm finde ich wenn Gerüchte über die eigene Person in Umlauf gebracht werden oder versucht wird zu manipulieren. Mein gesunder Menschenverstand lässt mich eigene Schlüsse ziehen und Meinungen bilden.
Ebenso mies finde ich es dem Gegenüber ins Gesicht zu lachen und hintenrum das Messer in den Rücken zu stechen.
Das bezieht sich auf das reale Leben so wie auch auf die Internetwelt.
Von daher bin ich auch immer froh wenn Menschen mich auf irgendwelche Dinge direkt ansprechen. So können viele Missverständnisse gleich ausgebügelt werden.
....und ich halte es auch wie du: wo ich was zu sagen habe da mache ich es. Picke mir raus was mir zusagt und kommentiere wo es mir gefällt. Das heisst aber noch lange nicht dass ich auch den Gegenzug verlange. Was für eine Ehrlichkeit wäre es denn dann??? Absolut bescheuert!!!
Es gibt Verpflichtungen im Leben, aber sowas gehört bestimmt nicht dazu.
Herzliche Grüsse
Nova
danke, liebe Nova, für die ergänzenden Anmerkungen. Eigentl. bin ich ein weitgehend ernster Schreiber (vgl. hp), aber als Satiriker kommt alles besser an - isso. Mit dem Erfolg, um auch noch was zu ergänzen, ist es mittlerweile wie mit Lotto - die kleinen Gewinne streiche ich fröhlich ein, der große Coup, ob er kommt, oder nicht, wird nicht mehr erwartet, aber die Hoffnung stirbt zuletzt. Wenn alles so bleibt, kann ich zufrieden leben, Mehr muß nicht sein (darf aber) ;-)
AntwortenLöscheneinen schönen Tag wünsche ich Dir,
der giftzwergMÄÄN
Da fällt mir gerade eine lesung (Pfingsten) ein, vielleicht erinnerst Du Dich noch an diese situation?
AntwortenLöschenAls nach Deiner lesung eine zuhörerin spontan ein eigenes stück aus der tasche zog u. es zu gehör bringen wollte ;)
Ja, schon eigenartig, wie manche menschen ticken; kein gefühl haben, ob ihr verhalten gerade angebracht ist ....
Es war noch heftiger - ich hatte ein wenig länger Luft geholt - sie schaltete sich mitten drin ein, das war vielleicht kess! Ach, Liebes, was haben wir schon alles erlebt - aber schön war es ... zwölfmal an Pfingsten unser Veranstaltung und in deren Rahmen dann die Lesung -vor 3 bis 30 Leutchen-, um ein paar Bücher zu verscheuern - schön war das (auch hier noch mal danke an DICH für alles) - es fing 1993 an, ich als Autor eingeladen zu lesen - und dann war ich "der Gast, der am längsten geblieben ist", wie Du immer schelmisch zitierst ... ;-)
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