Mein Deutsch
Teil 2
Gar nicht so negativ ist positiv
Als Ausgangspunkt wähle ich mal Linz am Rhein, einen Kunsthandwerkermarkt in den
Neunzigern. Wir waren als Interessenten dabei, standen bei einer Frau, die eigenen
Schmuck anbot, und meine Partnerin fand ein Teil besonders schön – und sie
sagte es auch. Die Frau schaute beglückt; auch wenn wir nicht kauften, so
zeigte sie sich doch dankbar, mal wieder eine deutlich positive Äußerung zu
vernehmen. Es kam heraus, daß es ihr mißfiel, wie heute nur noch umschrieben
werde und zwar mit negativer Ausgangsposition: Das ist aber auch nicht schlecht oder noch schlimmer das finde ich nicht unschön. Ach, das ist aber gar nicht so übel! (Ja warum sollte es
denn???) Und richtig, von da an vernahmen wir es geradezu wie eine Manie – wir
warteten schon richtig darauf. Wo wir auch die Ohren aufsperrten – ein Lob –
selten direkt, zumeist hintenherum. Irre.
Von da an ließ mich das nicht mehr los. Gestern
Abend beim Fußball: Wenn ein Spieler 15
Millionen im Jahr kassiert, dann kann er sooo schlecht ja auch nicht sein. Neulich
sagte eine Pfeife im Fernsehen (Sie merken, es nervt mich) – Ich war im Beruf ja auch nicht so ganz
unerfolgreich – das war aktuell der neue Tiefpunkt: und es war ein
gebildeter Geschäftsmann, der nun als Hausmann aufopferungsvoll sein Dasein
fristete (schließlich wollte er doch mit seiner gedrechselten Formulierung
anerkannt werden). Da ist es nicht weit zu Nietzsche: WER SICH SELBST
ERNIEDRIGT WILL ERHÖHET WERDEN. Fishing
for compliments. Ach Du lieber Himmel, die Anglizismen …
Es gibt bereichernde Floskeln, gewiß, aber
eins zu eins vom Amerikanischen zu uns übersetzen klingt einfach nur albern. By the way (nebenbei, übrigens), roundabout (rundum, steht hierzulande
für zirka). Wenn ich einen Bahnhof betrete, also in Deutschland, nicht in
England … ach, ich will nicht das HB-Männchen hervorlassen …es soll ja alles international
klingen. Kommt aber über Möchtegernverhalten selten hinaus.
Mit deckungsgleicher Übersetzung bin ich
auch nicht froh: Making sense (macht Sinn),
I remember (ich erinnere ….MICH, Herrgott-nochmal),
asking for (habe ich nachgefragt
…dabei wäre doch frage nach schon
passabel!) und vor allem die Modemätzchen mit realize (ich kann es noch nicht realisieren – will es nicht wahrhaben, not
really (nicht wirklich).
Sprache verfliegt (sind nur Wörter) – aber
geschriebene Worte, die bleiben.
Käme je ein
Franzose darauf, einen Engländer nachzuäffen? Nie und nimmer! Wir waren erstmals
in Spanien auf einer der Kanareninsel;
in einem Lebensmittelmarkt fragte ich einen jungen Mann im Kittel nach Käse
(der andere Typ trug den Kittel). Gut, ich wußte das spanische Wort noch nicht,
also versuchte ich es in dieser Urlaubsmetropole international mit cheese …nix da, er verstand mich nicht.
Später erfuhr ich, er wollte mich nicht verstehen, denn Käse heißt queso – es
wird phonetisch nur ein O aus dem E. Das nenne ich mal Patriotismus!
Mehrzahl-Endungen
Ich sagte
schon, wenn ich mal auf was achte, dann läßt es mich nicht mehr los – wie ein
Virus. Die letzte Zeit bemerke ich vermehrt kühne Mehrzahlbildungen, nicht bei
den kleinen Leuten nebenan, sondern bei Akademikern – sogar bei professionellen
Sprechern! (Und hier sind geradeeben bei mir die Mehrzahl-Ns lockerleicht
richtig geflossen) – aber jetzt halten Sie sich fest: Gestern in den
Nachrichten und in einem Magazin im Fernsehen: Überall standen BeamteN der Polizei und FeuerwehrmännerN. Ist das
zu glauben? Sowas höre ich ständig bei LIVE-Schalten (auch so ein Wort …aber
bei dem Thema mit blöden Begriffen sind
wir noch nicht) – HunderteR Kisten
wurden ausgeladen …Wir IngenieureN reden
da mit! (Bloß nicht!).
In eigener Sache
Keiner ist gefeit
davor – und ehe nun aus meinem vertrauten Umfeld die Kommentierung kommt, ich
sage doch auch manchmal ebenD, mache ich es hier schon mal „selbens“ klar. Sprachliche
Schnodderigkeit im Alltag. Aber das ist doch etwas ganz andereN. Hallo Verona!
(nie im Leben verzeihe ich Dir die Flitzpiepe Franjo!)
Ich lasse es
damit mal für heute bewenden, mir ist so giftig zumute (ich habe noch so
einiges auf der Pfanne – wartet nur ab – es betrifft uns letztlich alle. Die
Seuchen in der Welt der heutigen Modewörter und Formulierungen … Teil 3 von MEIN DEUTSCH.
Demnächst – auf diesem blog.
Mit einem leichtem Grinsen musste ich sofort daran denken dass ich im Net auch öfters mal btw schreibe und dann sogar noch abgekürzt. Hat sich einfach im Laufe der Jahre eingeschlichen.
AntwortenLöschenIch denke auch schon alleine durch die "Internet-Sprache" wird viel ver-englischt. Allerdings hasse ich es auch wenn es komplett übertrieben wird.
Noch schlimmer finde ich allerdings Worte wie ebend usw. weia, da sträuben sich bei mir die Nackenhaare, und die Mehrzahl-Endungen---brrrr...mal gut dass ich das noch nicht gehört habe. Das ist absolut furchtbar. Ob die nicht im Anschluss mal berichtigt werden??
Ich freue mich jedenfalls schon auf Teil drei, und möge mir verziehen werden wenn sich Fehler eingeschlichen haben *gg*
Liebe Abendgrüssle
Nova