Wir Morgenwesen
Sabine fügt sich:
letztlich muß sie sich notgedrungen anstecken lassen – sie ist in der
Unterzahl. Wir anderen sind uns einig: Unser Morgen zählt!
Der Morgen ist unsere Zeit: Die Hühnchen von
nebenan machen den alltäglichen Anfang. Na, und dann Chico, der Greenboy – er
eröffnet den inneren Familienkreis – leise Töne zur Einstimmung wie bei einem
Sänger. Die ersten echten Pfiffe gehören seinem knirpsigen Artgenossen, dem
kleinen Witwer. Der hält die Rübe noch eine Weile unter den Federn, das hilft
ihm aber gar nichts - der Papagei bringt dem Canary die täglichen Flötentöne in
Erinnerung – letztlich stimmt er ein unablässiges wortwörtliches „Piep-Piep-Piep-Piep-Piep“ an, unersättlich, wir alle sind nun total
erwacht. Die Helligkeit ist mit uns. Der kleine Witwer (wir erinnern uns, sein
gelbes Weiblein hat er nicht mit dem Lebensnotwendigen versorgt, sie brütete/
er sang/ sie brütete – er fütterte sie aber nicht, sondern – darf man es so
punktgenau formulieren – vögelte sie,
letztlich bis ins Jenseits, jedenfalls wurde sie ein Opfer ihrer totalen
Erschöpfung) – nun singt er nur noch für uns, zu seiner selbstverzückten
Herrlichkeit. Eine neue Frau gestattet ihm Sabine nicht, eine totgesungen, das war
es – die Frauenliga schreitet ein. Also fiedeln uns die geflügelten Jungs in
den Tag. Greenboy Chico geht dazu über, sein Vokabular zu prüfen: „Na mein Chico?“ – seine bevorzugte
Eröffnung. „Nicht beißen!“ und „Benno
nein!“ folgen unkoordiniert, der
arme Hund hat noch gar nichts beigetragen – er fühlt sich auf seinem Lager
leicht angenervt, seufzt tiefatmend („Nun geht das wieder los“); Chico pfeift
sich ein, es folgen kühne Variationen zu Hänschen-klein
und zum River-Kwai-Marsch sowie
Tonfolgen mit erkennbarem Effekt. „Lecker,
Küßchen, Hola“ und immer wieder „Willst du was haben?“ „ Bist du müde?“ Und
natürlich: „Na mein Schatz?“
Benno ist genervt, Chica dreht sich in ihrem
Körbchen noch mal um, ihr ist es wurscht. Benno beginnt zu bellen, jedes
Geräusch aus der Nachbarschaft wird beantwortet; Chico beginnt folgerichtig mit
dem Hundepfiff – und dann wieder auf den Punkt genau „Benno aus!“ Es nützt nur
nichts, nun wird auch Chica wach.
Der große Benno
umkreist mein Bett; bei mir besteht die Chance, daß es früher losgeht, die Ausgabe
vom Alt-Herren-Trost: FUTTER. Er miepst mich an, er stupst mich an, Chico heizt
ihm ein, er reagiert aber nur auf Töne von draußen – „Seht her, ich bewache
euch alle! – Wo bleibt mein Lohn?“ Es ist noch ein wenig zu früh, aber er läßt
nichts unversucht, mir eine falsche Uhrzeit unterzujubeln. Bei Sabine wirkt das nicht, sie hat, längst
auch erwacht, mit dem grünen Chico und dem kleinen Witwer einen Morgenchor
gegründet. Nun pfeift das Haus, Chico unterbricht wie ein Kapellmeister bestimmend:
Aus! Ich gebe den Hundis Futter, der gemischte Chor
tönt bunt im Hintergrund.
Der Tag nimmt seinen Lauf, wir Menschen süffeln
ein erstes Käffchen. Alle lieben mich – na gut, Sabine hat mich gerne – und sie
fordert häufig die Gegenleistung ein: Ich
kann sie mal gernhaben. Mach ich.
In Kürze fliege ich
wieder in meine Westerwälder Welt. Und alle Insulaner werden sich nach mir
verzehren, aus den unterschiedlichsten
Gründen. Aber ich werde bald wiederkommen, der gut gefüllte Koffer wird
nur zu gerne von allen erwartet (und beschnuffelt)
… nur „HO-HO-HO“ darf ich nicht sagen (aber das ist eine andere Geschichte).
im Uhrzeigersinn: Chica und Benno, der grüne Chico und unten links der "kleine Witwer" (noch mit gelbem Weibi)
Jaaa...als Morgenmensch kann man nur jede Unterstützung gebrauchen^^
AntwortenLöschenHast du wieder absolut klasse geschrieben, ich hatte einzelne Szenen so richtig gut vor Augen und sogar Ohren. So kenne ich die Umstände mit Hunden aus der Nachbarschaft und dem Hahn der mich jeden Morgen noch vor meinen Canarios begrüsst.
Schade für Bine dass deine Zeit vor Ort schon so gut wie abgelaufen ist.
Noch einen wunderschönen Tag und liebe Grüsse