Die Inflation des Komischen
Comedy – weniger wäre mehr
Um es gleich klarzustellen:
die Ausländer-Ansicht, wir Deutschländer hätten keinen Sinn für Humor (oder gar
schlechtes Essen!) lasse ich nie und nimmer gelten. Ich liebe die deutsche
Juxlandschaft (und heimische Nahrung) – nur mitunter wäre weniger eben doch
mehr.
Ich lache gerne, sehr gerne. Das erging mir
nicht immer so, aber üble Zeiten scheinen bei mir dahin – auf
Nimmerwiedersehen, bitte.
Doch unsere heutige Spaßgesellschaft
übertreibt es für meine Begriffe. Echte Comedy, von Satire und Kabarett will
ich erst gar nicht reden, verarmt zur billigen Grölkonserve, echter US-Import.
Man reißt alles und jeden ins Lächerliche; dem Lachhaften anheimzustellen
genügte eigentlich.
Bei Witzen kommt es nicht darauf an, von wem
sie sind, wer sie erzählt ist entscheidend. Und hier greift dann der
Vorschußbonus – jeder hat gut gezahlt, also muß es toll sein. Leider. Barth,
Mittermeier, Celan füllen Arenen. Streiche ich das eigentlich Witzhafte zusammen,
es bleibt kaum was über – 2 Stunden könnten sich herrlich in zehn Minuten
ausbreiten – daher kommen sie, diese Stars, und genau da gehören sie auch hin –
in den 10-Minuten-Takt! Das albernste, billigste Aufgebausche, das
Drangsalieren eines mickrigen Gags in eine sich über weite Schleifen
aufbauschende Explosion – es entweicht ein Scherzlein am Ende, von Tausenden
bebrüllt – wie eine Erleichterung. Zu sonderbar. Es wurde gezahlt, es wird
genossen, um jeden Preis. Es genügt, wenn der erfolgreiche Bühnenbehaupter
selber anlacht – schon kann sich die Masse kaum noch zügeln. Das Megaereignis
laviert stets im Bannkreis des abgefackelten Pupses. Die Masse wird kaum noch
Herr der Lachtränen – nein, aber auch so köstlich! Denkt man sich die
künstliche Aufbauschung weg, reduziert man es auf den Kern – vom Feuer der Lachsalven
bliebe ein gering berührtes glimmendes Grinsen.
Bei den Frauen bin ich schnell durch – eine
Evelyn Hamann kann für mich nur durch eine außergewöhnlich vielseitige Anke
Engelke ersetzt werden, ein bißchen halten die stets für Überraschungen gute
Stratmann und die Bayerin Gruber die Stange. Fertig – muß ich die unsäglichen
Namen C.Marzahn und M.Boes anfügen – es überkommt mich schon der Würgereiz.
Nein, das herzhafte Lachen
zu veranstalten ist der Frauen Ding mitnichten. Zumeist jedenfalls.
Im Männerbereich blicken wir zurück auf den
gemütlichen Heinz Erhardt (hört man genau hin – für damalige Zeiten nicht nur
hausbacken, auch frivol-frisch, wahrhaftig!); der Übergang zur Jetztzeit mit dem
kuschelig-deftigen Dohrenkamp (v.d.Lippe), dem abgründigen Polt, dem
spitzzüngigen Grandseigneur Hildebrandt,
dem einzigartig eigenartigen Richling und dem kuriosen Thomas Freitag. Otto (ach, wie peinlich alt ist er
jetzt, hat den Ausgang verpaßt im Übergang zur Altersdappigkeit – aber er lebt
sich auf seine Weise aus, wir kennen ihn selber eigentlich gar nicht). Anders
der Blödian Hallervorden, der als Privatmann sich jedem unbezahlten Scherz verweigert
– ein Profi, wenn Zahltag ist – sonst unnahbar. Kann man trennen, muß man
nicht. Wie sollen ihn denn Menschen anders als blöde sehen, wenn er sich so zur
Arbeitszeit gibt?
Er hat bei Toelle/Menge im Millionenspiel eine ernste Roll gespielt – und das war gut.
Genauso wie im Ausland der um so vieles talentiertere Jack Lemmon, der
ergreifend seinen Sohn in den politischen Unruhen Chiles suchte (Vermißt), mit Walter Matthau eine der
vielen internationalen Symbiosen einging. Noch kurz zu Jerry Lewis, der im
ernsthaften Bereich viel beeindruckender war als im angestammten Klamaukbereich.
Aber ich wollte ja deutsch bleiben.
Schade ist es um die altersgerechte Runde „7
Tage - 7 Köpfe“ – dem Zeitgeist geopfert.
Loriot ist generationsübergreifend
unerreicht. Aber schon die alten Recken wie Heinz Schenk wußten sich selber in
Frage zu stellen. Wie anders war es zu werten, wenn er einen Witz ohne Pointe
erzählte – und sich alle ausschütteten vor Lachen … der Erzähler war es, er riß
mit – das konnte er bedenklich demonstrieren. Da denke ich an die Dichterin
Virginia Woolf, deren Werk kritiklos angebetet wurde – wenn sie unter falschen
Namen einreichte, gnadenlos abgeschmettert wurde: damit kam sie letztlich nicht
mehr zurande. Ich kann mir des Bembelmannes Frust gut vorstellen – Geld alleine
…
Putzig ist Olaf Schubert, den mag ich
(obwohl Ossi …ein Scherz). Der bitterböse Kalkofe bringt es, mitunter auch der Stromberg-Herbst.
Krömer ist befremdlich, der Witz des Katzeklo Interpreten war mir noch nie
zugänglich – außer, daß er musikalisch ist. Insterburg & Co. rockten meine Jugend – und wie
schräg-schrullig ist der olle Ingo geblieben, hingegen: wie unsäglich ist Karl Dall
daraus hervorgegangen – lebend nicht, finde ich. Und Pro 7 ist raab-iat
durchsetzt. Alles aus einer Hand, neuzeitlich frech und flach. Dann lobe ich
mir den Alleswisser Dittsche. Aber die boshafte Fraktion mit dem schier
zügellosen Apelt, Schenkelklopfer Atze und Lahm-Arsch Rüdiger Hoffmann – sie
haben ihre Langzeitnische gefunden und sich kess eingerichtet.
Meine Hoffnung sind die hinterbliebenen Leute
aus RTL-Samstagnacht, Quatsch-Comedy-Club und über allen heute thronend: SWITCH
RELOADED – Max Giermann, Martina Hill u.a. – das ist die Zukunft. Hoffentlich
verkaufen sie sich nicht zu sehr. SIE können auf alle Fälle was!
Humor ist Geschmackssache – der persönliche
Geschmack entscheidet. Nur leider diktiert der Zeitgeist zu dominant. So
mancher könnte mehr, aber man läßt sie/ ihn nicht – friß oder stirb, der Markt
ist schnell. Das gnadenlose Publikum bestimmt. Wir.
Kann ich dir in vielen Dingen zustimmen, so kann ich heute noch stundenlang Erhardt zuhören und alten Sendungen zuschauen , jedoch so einige Comedy Sendungen von nur einer Person gemacht langweilen mich nach kurzer Zeit. So lobte ich mir den Quatsch Comedy Club-kurze Auftritte-Abwechslung und für jeden Geschmack etwas dabei.
AntwortenLöschenDas Schlimme in meinen Augen ist, das wenn etwas gut läuft man einfach damit überhäuft wird. Jeder Sender läuft auf der Schiene, jeder will es besser machen und schon verliert sich die Lust daran.
Für mich gilt in solchen Fällen immer:
ein Hoch dem Erfinder der Fernbedienung ;-)
Tollen Sonntag und liebe Grüssle