Samstag, 29. September 2012

Comedy



Die Inflation des Komischen
Comedy – weniger wäre mehr

Um es gleich klarzustellen: die Ausländer-Ansicht, wir Deutschländer hätten keinen Sinn für Humor (oder gar schlechtes Essen!) lasse ich nie und nimmer gelten. Ich liebe die deutsche Juxlandschaft (und heimische Nahrung) – nur mitunter wäre weniger eben doch mehr.
   Ich lache gerne, sehr gerne. Das erging mir nicht immer so, aber üble Zeiten scheinen bei mir dahin – auf Nimmerwiedersehen, bitte.
   Doch unsere heutige Spaßgesellschaft übertreibt es für meine Begriffe. Echte Comedy, von Satire und Kabarett will ich erst gar nicht reden, verarmt zur billigen Grölkonserve, echter US-Import. Man reißt alles und jeden ins Lächerliche; dem Lachhaften anheimzustellen genügte eigentlich.
   Bei Witzen kommt es nicht darauf an, von wem sie sind, wer sie erzählt ist entscheidend. Und hier greift dann der Vorschußbonus – jeder hat gut gezahlt, also muß es toll sein. Leider. Barth, Mittermeier, Celan füllen Arenen. Streiche ich das eigentlich Witzhafte zusammen, es bleibt kaum was über – 2 Stunden könnten sich herrlich in zehn Minuten ausbreiten – daher kommen sie, diese Stars, und genau da gehören sie auch hin – in den 10-Minuten-Takt! Das albernste, billigste Aufgebausche, das Drangsalieren eines mickrigen Gags in eine sich über weite Schleifen aufbauschende Explosion – es entweicht ein Scherzlein am Ende, von Tausenden bebrüllt – wie eine Erleichterung. Zu sonderbar. Es wurde gezahlt, es wird genossen, um jeden Preis. Es genügt, wenn der erfolgreiche Bühnenbehaupter selber anlacht – schon kann sich die Masse kaum noch zügeln. Das Megaereignis laviert stets im Bannkreis des abgefackelten Pupses. Die Masse wird kaum noch Herr der Lachtränen – nein, aber auch so köstlich! Denkt man sich die künstliche Aufbauschung weg, reduziert man es auf den Kern – vom Feuer der Lachsalven bliebe ein gering berührtes glimmendes Grinsen.

   Bei den Frauen bin ich schnell durch – eine Evelyn Hamann kann für mich nur durch eine außergewöhnlich vielseitige Anke Engelke ersetzt werden, ein bißchen halten die stets für Überraschungen gute Stratmann und die Bayerin Gruber die Stange. Fertig – muß ich die unsäglichen Namen C.Marzahn und M.Boes anfügen – es überkommt mich schon der Würgereiz.
Nein, das herzhafte Lachen zu veranstalten ist der Frauen Ding mitnichten. Zumeist jedenfalls.

   Im Männerbereich blicken wir zurück auf den gemütlichen Heinz Erhardt (hört man genau hin – für damalige Zeiten nicht nur hausbacken, auch frivol-frisch, wahrhaftig!); der Übergang zur Jetztzeit mit dem kuschelig-deftigen Dohrenkamp (v.d.Lippe), dem abgründigen Polt, dem spitzzüngigen Grandseigneur  Hildebrandt, dem einzigartig eigenartigen Richling und dem kuriosen Thomas  Freitag. Otto (ach, wie peinlich alt ist er jetzt, hat den Ausgang verpaßt im Übergang zur Altersdappigkeit – aber er lebt sich auf seine Weise aus, wir kennen ihn selber eigentlich gar nicht). Anders der Blödian Hallervorden, der als Privatmann sich jedem unbezahlten Scherz verweigert – ein Profi, wenn Zahltag ist – sonst unnahbar. Kann man trennen, muß man nicht. Wie sollen ihn denn Menschen anders als blöde sehen, wenn er sich so zur Arbeitszeit gibt?
   Er hat bei Toelle/Menge im Millionenspiel  eine ernste Roll gespielt – und das war gut. Genauso wie im Ausland der um so vieles talentiertere Jack Lemmon, der ergreifend seinen Sohn in den politischen Unruhen Chiles suchte (Vermißt), mit Walter Matthau eine der vielen internationalen Symbiosen einging. Noch kurz zu Jerry Lewis, der im ernsthaften Bereich viel beeindruckender war als im angestammten Klamaukbereich. Aber ich wollte ja deutsch bleiben.

   Schade ist es um die altersgerechte Runde „7 Tage - 7 Köpfe“ – dem Zeitgeist geopfert.
   Loriot ist generationsübergreifend unerreicht. Aber schon die alten Recken wie Heinz Schenk wußten sich selber in Frage zu stellen. Wie anders war es zu werten, wenn er einen Witz ohne Pointe erzählte – und sich alle ausschütteten vor Lachen … der Erzähler war es, er riß mit – das konnte er bedenklich demonstrieren. Da denke ich an die Dichterin Virginia Woolf, deren Werk kritiklos angebetet wurde – wenn sie unter falschen Namen einreichte, gnadenlos abgeschmettert wurde: damit kam sie letztlich nicht mehr zurande. Ich kann mir des Bembelmannes Frust gut vorstellen – Geld alleine …

   Putzig ist Olaf Schubert, den mag ich (obwohl Ossi …ein Scherz). Der bitterböse Kalkofe bringt es, mitunter auch der Stromberg-Herbst. Krömer ist befremdlich, der Witz des Katzeklo Interpreten war mir noch nie zugänglich – außer, daß er musikalisch ist. Insterburg & Co.  rockten meine Jugend – und wie schräg-schrullig ist der olle Ingo geblieben, hingegen: wie unsäglich ist Karl Dall daraus hervorgegangen – lebend nicht, finde ich. Und Pro 7 ist raab-iat durchsetzt. Alles aus einer Hand, neuzeitlich frech und flach. Dann lobe ich mir den Alleswisser Dittsche. Aber die boshafte Fraktion mit dem schier zügellosen Apelt, Schenkelklopfer Atze und Lahm-Arsch Rüdiger Hoffmann – sie haben ihre Langzeitnische gefunden und sich kess eingerichtet.

   Meine Hoffnung sind die hinterbliebenen Leute aus RTL-Samstagnacht, Quatsch-Comedy-Club und über allen heute thronend: SWITCH RELOADED – Max Giermann, Martina Hill u.a. – das ist die Zukunft. Hoffentlich verkaufen sie sich nicht zu sehr. SIE können auf alle Fälle was!

   Humor ist Geschmackssache – der persönliche Geschmack entscheidet. Nur leider diktiert der Zeitgeist zu dominant. So mancher könnte mehr, aber man läßt sie/ ihn nicht – friß oder stirb, der Markt ist schnell. Das gnadenlose Publikum bestimmt. Wir.

1 Kommentar:

  1. Kann ich dir in vielen Dingen zustimmen, so kann ich heute noch stundenlang Erhardt zuhören und alten Sendungen zuschauen , jedoch so einige Comedy Sendungen von nur einer Person gemacht langweilen mich nach kurzer Zeit. So lobte ich mir den Quatsch Comedy Club-kurze Auftritte-Abwechslung und für jeden Geschmack etwas dabei.

    Das Schlimme in meinen Augen ist, das wenn etwas gut läuft man einfach damit überhäuft wird. Jeder Sender läuft auf der Schiene, jeder will es besser machen und schon verliert sich die Lust daran.

    Für mich gilt in solchen Fällen immer:

    ein Hoch dem Erfinder der Fernbedienung ;-)


    Tollen Sonntag und liebe Grüssle

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Danke! ;)