Mein Deutsch
Teil 1
Ich bin
deutsch aufgewachsen, rundum. Ich vergesse nie den herausragenden Fehler in
meinem allerersten Diktat in der Volksschule – Eimer – ich schrieb es nicht nur
mit zwei M, statt des E hatte ich einer inneren Täuschung zufolge eine 3
geschrieben. Und meine beiden Sitznachbarn, was aber auch für ein Wunder,
ebenfalls. Das fiel auf – von da an fiel ich immer auf. 3mmer.
Ich kann nun Eimer schreiben. Gelernt ist gelernt. Weiterhin lerne ich
unausgesetzt dazu – und das verdanke ich dem genialen Sebastian Sick, meinem Schriftsprache-Erquicker, der amüsant
und lehrreich schreibt. Ganz großartig; nie würde ich es wagen, hier in
Konkurrenz zu treten. Aber ich erlaube mir, eigenen Notizen folgend einige
Anmerkungen.
Eine meiner ausländische Freundinnen fühlt
mir mitunter auf den Zahn; dabei werde ich nachdenklich, denn begründen kann
ich unsere Sprache mitunter nicht. Es heißt Jubiläum, Ä und U gesondert
gesprochen – und nicht“Jubileum“ (ja, gut: ist aber doch eingedeutscht) – wir
sagen aber Bäume und Käufer, und nicht Bä-ume und Kä-ufer (also echte deutsche
Wörter). Seltsam. Wieso ist ein älterer Mann jünger als ein alter Mann? Es geht
mir besser – aber nicht gut. Die Kopfschmerztablette ist nicht dafür, sondern
dagegen. Die Fremdsprachen, in die ich ein wenig Einblick habe, sagen
zwanzigunddrei, und nicht dreiundzwanzig. Und das andere erscheint mir
logischer, erst die Zehner, dann die Einer. Im Sport zu siegen heißt, jemanden
schlagen – man hat den Kampf gewonnen, aber in der Regel ohne Glück obsiegt. Es
gibt unendlich viele Beispiele – da wird man ganz kirre. Ich möchte in
Deutschland kein Ausländer sein (schon allein der Gedanke, von jetzt an diese
Sprache erlernen zu müssen).
Oh ja, wir hatten ja eine Reform – und dann
die Reform der Reform und so weiter. Was für ein Hickhack, welch eine vertane
Chance. Die Autoren wehrten sich, die Großen – und wir kleinen auch. Gottlob
muß ich keinen Rotstift mehr fürchten – und mein Leben als aktiver Beamter, der
in Rheinland-Pfalz mit der Neuregelung verbindlich drangsaliert wurde, ist
vorbei (mit Grauen denke ich an die Schriftsätze des Schreibdienstes zurück,
abzeichnen ging ja noch, aber was ich selber unterschrieb, es war wie eine Nötigung).
Das ist endgültig aus und vorbei. Walser sagte, er werde niemals rauh ohne H schreiben. Und ich
Wicht(iger)Autor niemals muß mit Doppel-S – gerade wieder die
wichtigtuerische Rechtschreibkontrolle – rot natürlich – ist mir wurscht!!! Ich
gebe mir meine eigenen Regeln, höre nur auf den „Heiligen“ Sebastian – s.o. –
und das genügt mir. Letztlich kann ich mich nunmehr auf die literarische
Freiheit berufen. Mein unschätzbarer Freibrief.
Das
ganze Szenario lief unter „Ändern um jeden Preis“, allerorts eine Seuche der
heutigen Zeit, Optimieren heißt das
unselige Schlagwort, ob was besser wird, scheint zweitrangig – es ist mitunter
zu lachhaft. Korrigierte Korrekturen, so manchen sinnentstellenden Unfug nahm
man unter öffentlichem Druck, welch noble Anwandlung, zurück. Ich will hier
nicht ins Detail gehen, sage nur Getrennt- und Zusammenschreiben Den Mist,
keine Unterscheidung mehr zu machen zwischen auseinandersetzen und auseinander
setzen, frei/halten, zusammen/fallen und so weiter. Ich habe in Heidelberg
Liebe genossen oder liebe Genossen. Wie wichtig Groß- und Kleinschreibung ist!
Es gab aber auch positive Veränderungen, die
ich gerne annehme: Nummerieren also mit zweimal M – zu meiner Erleichterung
(ehrlich!) nicht beim Eimer! Unrecht muß weiter bestraft werden, jawohl! In bezug auf und mit Bezug auf – beides nun groß (ach schau da – kein Doppel-S: bei
mir ohnehin nicht!). Es lebe unser ß! Im Grunde genommen „Scheiß drauf“ oder auch scheiß
drauf! (Aufforderung zur Aufsässigkeit). Fetttriefend, Gräuel – das war und
ist sinnvoll. Als und wie zu unterscheiden, derselbe und der gleiche – gut.
Das hat alles Sinn – und nicht MACHT Sinn – dazu demnächst mehr (danke,
Sebastian – aber dieser Blödsinn setzt sich durch; wir werden verlieren, gegen
die Amerikanismen ist kein Kraut gewachsen, vor allem kein deutscher Kraut). Diese wortwörtlichen Übernahmen von Anglizismen ist eine Pest.
Man schaue sich nur mal im Bahnhof um – wo sind wir eigentlich?
Demnächst werden wir wohl auch die Umlaute
streichen, bei ae, oe und ue hat ja schon eine schleichende Unterwanderung
begonnen, in der internationalen Maschinerie gehen wir da eh unter. Käme
eigentlich je ein Franzose auch nur auf die Idee, seine Akzente zu opfern?
Ach ja, bei uns „in deutsche Land“ heißt es dann ganz schnell ….
Das erkläre
ich nun mit einem schönen erlebten Witz eigener Hausmarke. Ich schicke voraus,
wir hatten einen Kater, pechschwarz – nur auf der Nase einen weißen Strich,
total niedlich. So nannten wir ihn auch NASI. Eine unserer polnischen
Freundinnen kam uns besuchen; der Kater stiefelte auf sie zu und sie rief ganz
verzückt:
„Der Nazi!!! Ja, Nazi – da bist Du
ja, ach Du süßer kleiner NAZI!!!!“
Tja,
manches vergeht nie. Jedenfalls sind die polnisch-deutschen Kontakte deutlich
verbessert, finde ich.
Ach, wieder so schön geschrieben und mir aus dem Herzen sprechend. Der Irrsinn der neuen Reform an die ich mich teilweise auch nicht gewöhnen bzw. umerziehen lassen möchte.
AntwortenLöschenIm Zeitalters des Internets kommt es irgendwann vielleicht doch das nur noch klein geschrieben wird. Hoffentlich aber nie dieser Groß-und Kleinbuchstaben-Mix.
Finde es übrigens schön dass du schon bald wieder hier bist....klasse für Bine und zudem klasse für mich...
...dann brauch ich mich nicht so strecken wenn ich winke *lacht*
Liebe Grüssle