Montag, 22. Oktober 2012

Mein Deutsch III



Mein Deutsch
Teil 3

Jeder hat ja so seine Reizpunkte, ich sprach schon davon – wie man förmlich darauf wartet, bis es wiederkommt – zack – da – habe ich es doch gewußt!

   Ich konnte noch nie den Lokalteil der Zeitung lesen. Ständig heißt es der Bürgermeister ließ es nicht nehmen (ja wer will es denn …noch nie habe ich davon gehört, daß ein anderer eine Urkunde übergeben oder dergleichen vornehmen wollte: „Weg da – ich will das machen!“). Eine schrecklich abgegriffene, schier blödsinnige Formulierung. Und dann weihte auch kein Geringerer als der Bischof das neue Pfarrhaus ein – ja, wer käme darunter noch in Frage, hetze ich mal …Fortwährend wird was zum Besten gegeben oder die Senioren ließen es sich munden (ich sehe den gespreizten kleinen Geckenfinger des Lokalreporters, bevor er sich wieder ob des nimmervollen Fasses der ausgelutschten Klischees die Kante gibt. Gut, schon klar, Opi und Omi sollen kuschelig unterhalten werden, sollen es berauscht vor lauter  Heimeligkeit verkosten …aber oh Schreck – das ist doch meine Kragenweite. Oh nein, bitte nicht: Für mich soll niemand so schreiben.

   Schnell weg aus der regionalen Region, bevor PLATT einsetzt. Igitt. Mal davon abgesehen, daß es weitgehend debil klingt, ist es doch grundsätzlich ausgrenzend (da ist es nicht weit zu den hohen weißen Spitzhüten mit verhüllendem Gesichtslappen); übertrieben, ich weiß, aber diese Kolumne ist böswillig im Anschlagsbereich – es wurmt mich, wenn, nur ein klitzekleines Beispiel, Hunsrücker Kinder DIE Bach und DIE Dach sagen. Dialekt sei Heimatverbundenheit. Bei Begriffen kann ich es noch ertragen. Soll ja gute Reime geben, aber dann lieber MÄÄnzä Fassenacht - Gonsbachlerchen:
Sinn die Hinkel platt wie Tellä – war dä Draktor wiedä schnällä – wenigstens was zum Lachen. Im Karneval, meinetwegen.

   Viel interessanter sind die Modewörter. Hatten wir früher auch, die Zeit mit cool und geil scheint auch bald überstanden, definitiv!- so checke ich das jedenfalls. Aber ich meine die absonderlichen Verkürzungen wie isso, sorry, na siehste, sone – davor sind wir schon alle nicht mehr gefeit – also sone Frau kann ich mir in lässiger Alltagsschnodderei gefallen lassen, aber sone Autos, Männer, Leute, sone Songs spielen etc. – geht gar nicht – und peng: Schon bin ich im nächsten Dilemma. Immerzu dieses künstliche HALLO??? Wenn baß erstaunt getan wird, Wie doof ist das denn? Genau! Na gut, wir sagten früher Ja spinn ich denn? Scheinbar ja – denn ich spinne nicht wirklich, anscheinend.

   Und dann die herzlosen Verkürzungen: Glückwunsch! Jetzt fahre ich mich wieder runter mit Mach dir keinen Kopfo my God! Wie geil ist das denn? Der Übergang von der Schüler- zur Erwachsenensprache gelingt immer seltener. Dumm wie Brot, Staub etc.- da bekomme ich gleich Kopfkino – und das geht ja noch, schöne Verbindung für Gedanken und Phantasie, räume ich ein. Emoticons sind auch in der heutigen Schreibewelt hilfreich, wenn es denn nicht überhand nimmt. In der Alltagsbegegnung sind ja immer die dokumentierten Gänsefüßchen hilfreich. Schon beobachtet? Wenn etwas also dergestalt betont werden soll, benannt aber nicht so gemeint, greifen parallel linke und rechte Hand mit Mittel- und Zeigefinger kratzend in die Luft – zumeist von einer leichten Grimasse begleitet. Machen wir doch alle schon mal. Isso – geht doch! Ein wenig albern, aber sei es drum.

   Nerviger für mich ist schon das gedehnte OKAAAAY – wenn das als Äußerung des Gegenübers erfolgt, wird was mal so hingenommen und interessiert wie feuchter Kehricht. Loriot brachte immer sein „Ach was“ an solchen Stellen – das hieß völlig entschärft „Na und?“ – oder eigentlich nur „Pfeif der Hund drauf – das ist mir aber auch sowas von wurscht!“ bis zum guten alten „Leck mich“.

   Die Jugend forscht, auch in der Sprache. Bei uns hieß es früher immerzu echt und vor allem Das hältst du im Kopf nicht aus – und das birgt Ansteckungsgefahr, man will dazugehören  und unterliegt sogar unbewußt dem aktuellen Virus. Alter, was geht? Nein, nicht wirklich. Und natürlich immerzu Keine Ahnung. Was für eine dämliche Verlegenheitsfloskel. Whatever.

    Wir haben eine lebende Sprache, oft auch allzu lebendig – und das ist auch gut so. Diese bedarf ständiger Erweiterung (neu) und Ausmistung (veraltet) – und diese Entwicklung ist ja ein gefundenes Fressen für Autoren. Die diebische Freude, Blüten aufzuzeigen, Unfug zu erkennen und deutlich herauszufiltern – und andere an diesem Spaß teilhaben zu lassen. Wie schon oft betont: Es gibt Schlimmeres! Wir sind doch alle a part of it – gelle?

ZUGABE
Was ist falsch an vermutlich? Jetzt stutzen Sie? Hören Sie mal Sportreportagen, dort wird unablässig vermutlich und vermeintlich verwechselt. Heute sagen sie nahezu penetrant VERMEINTLICH – und kennen die wahre Bedeutung vermutlich nicht – denn vermeintlich würde sie zugeben, daß sie es doch wüßten – tun sie aber nicht. Sie glauben es nicht irrtümlich, sie sind vorsätzlich dusselig! Ein Beispiel aus den ernsten Nachrichten: Ein Familienvater hat seine Familie hingerichtet, er ist flüchtig. Und jetzt kommt es: „Die Polizei ist auf der Suche nach dem vermeintlichen Täter!“ Ja warum denn, wenn er es doch nicht ist! VERMUTLICH ist er es aber.

   Das macht mich kiebig – es handelt sich um Berufssprecher, da werde ich zum Tier. Echt.

ZUGABE 2
Dieses immer mehr wie eine Pest um sich greifende Überbrückungs-JA. Ein Interview mit Sebastian Vettel – und man merkt sowas sicher selbst schon gar nicht mehr – ich hätte es aufzeichnen sollen: In Südkorea beim Sieger-Interview brachte er in geschätzten 20 Sätzen mindestens 18 JA unter. Gefühlte 50! Da rettet ihn bei mir auch nicht, daß er … JA, kein Sprecher ist.

   Ich sage mal…JA, äh so: Sag einfach JA, wenn Du nichts zu sagen hast.
Ich höre nun auf, muß Gift tanken. Ja-ne, is klar. Einen abschließenden Scherz, zum Durchpusten, uralt natürlich –wie immer- aber nicht jeder wird ihn kennen:

   Die Lehrerin bemerkt in der Klasse, daß neben der Tafel ständig ein gelbes Pfützchen ist. Sie weiß, einer der Kleinen geniert sich, so schlägt sie vor, daß alle die Augen schließen und der arme Pipi-Bube solle das fortwischen und damit habe es sich. Alle halten sich dran, Augen zu, Hände vor die Augen zur Sicherheit, dann hören alle die kleinen Schrittchen, auch ein Gekreide auf der Tafel (sicherlich eine Entschuldigung, wie süß, freut sich die Lehrerin) und die Trippel-Schrittchen entfernen sich wieder. Dann öffnen alle die Augen. Die Lehrerin sieht sogleich ein zweites Pfützchen und an der Tafel steht: UND WIEDER HAT DER UNHEIMLICHE PISSER ZUGESCHLAGEN!!! 

Fehlerfrei – um beim Thema zu bleiben.

Tja, ich mag die ollen Kamellen.

1 Kommentar:

  1. *lautlacht*....da gehöre ich der -nicht-Jeder-Fraktion an^^ Den kannte ich auch noch nicht.

    Diese Modewörter gab es wirklich schon immer, soweit ich zurückdenken kann, aber absolut schlimm ist es für mich wenn ich diese "Gangsta-Sprache" höre oder lesen muss, alles mit diesem a am Ende.

    Ich meine hier ja Gott sei Dank nur lesen aber ich lese dann schnell darüber hinweg ;-)


    Dir einen wunderschönen Tag und lass dir die verquere Alphabet-Zusammenstellung auch mal den verlängerten Rücken runterlaufen :-)))))

    Liebe Grüsse

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Danke! ;)