Unser täglich‘ Brot …
(aus meiner
Essay-Sammlung: Andere sind anders)
Für mich
gibt es nur Direkt-Kontakte mit den beiden nächsten Generationen durch meinen
Bekanntenkreis (deren Kinder und Kindeskinder). Und ich muß sagen, das reicht
mir auch, voll und ganz, ohne, so hoffe ich, in den Verdacht der
Generationenschelte zu geraten. Ich sehe ja auch, vereinzelt, Ausnahmen. Es ist
aber, so scheint es für mich, eine ganz und gar andere Zeit. Aber das mag ja
auch schon eine Alterserscheinung sein, Resignation womöglich.
So kann ich mich daran erinnern, daß bei auf
Tellern gehäuftem Essen nur ein wenig verzehrt wird – der Rest: ab in den Müll.
Tja, hieß es, bei uns müssen die Kinder nicht aufessen! Und bei anderen wurde im
vorauseilenden Verfallsdatum-Gehorsam gleich großzügig alles vom Kühlschrank
aus dem Müll übergeben – erst gar nicht in den Bereich des „Mindest“-Haltbarkeitsdatum
geraten, nur ja nicht. Ich dachte, andere Länder, andere Sitten, aber hier hieß
es: Ja dann schick es doch in die Dritte Welt, bitteschön – mal sehen, wie Du
das machst. Es wurde witzelnd Unverständnis offenbart. Ach, diese Alten, was
haben die aber auch für weltfremde Ansichten…
Und allgemein immer ganz schnell der Verweis
auf die Generation vor uns – wir leben ja nicht im Krieg, auch
nicht unmittelbar danach wie Ihr– das hat sich geändert, überlegt
doch mal …so in diesem Sinne bekamen wir es zu hören. Und schaut Euch mal
Restaurants und Großküchen an!
Es stimmt, wir schicken es nicht in die
Dritte Welt – aber ich kann behaupten, wir denken mehr über Essenplanung und
Bedarf nach. Nicht alles ist gleich verdorben, wenn das Datum erreicht ist, wir
behalten die Produkte im Auge und schöpfen und legen uns nur auf, was wir essen.
Reste verwenden wir noch, das kennen wir nicht anders – und die lockere
Entsorgung durchs Klo akzeptieren wir auch nicht. Vielleicht ist dieses
moralische Empfinden eine Art Rechenschaft (einer höheren Instanz wegen), ich
vermag es nicht zu sagen, aber es würde mir nicht in den Sinn kommen, großzügig
und breitgefächert zu kaufen, um dann große Teile wegzuwerfen. Daß sich das aus
einem inneren Wertedenken nicht geziemt – nicht jeder versteht das – es perlt
auch im Ratschlag-Verfahren ab, wird als Altersschrulligkeit kopfschüttelnd
belächelt. Alt und weltfremd.
Andere sind anders, und der Zeitgeist ändert
sich unablässig. Schon seit der Antike schüttelt jede Generation den Kopf über
die nachfolgende. So ist das wohl. Leben verlangt viel Toleranz – aber allem
und jedem gegenüber? Der Umgang mit der Nahrung ist nur ein Punkt. Das
Befremden ist für mich heute ständig anwesend. Man muß nicht alles verstehen –
aber man braucht auch nicht alles mitzumachen, bloß weil man es kann oder
glaubt, es sich erlauben zu können. Daran krankt in
meinen Augen die heutige Zeit.
Du weißt ja, daß ich es nicht für ein privileg halte, in einem wohlhabenden land geboren zu sein. Es hätte auch gaaanz anders sein können!
AntwortenLöschenFür mich hat es etwas mit solidarität zu tun, mit den menschen, die nicht auf der sonnenseite des lebens stehen. Deshalb widerstrebt es mir auch, so zu leben, wie Du es in Deinem post geschildert hast.
Ebenso kann ich die gedankenlosigkeit nicht verstehen (tradition hin oder her) mit reis zu werfen, wenn es noch menschen gibt, denen diese handvoll reis zum leben fehlt. Das gleiche gilt für basteleien mit lebensmitteln - ist "man" geistig so arm, daß man, bei der heutigen auswahl an bastelmaterial, zu lebensmitteln greifen muß?
Danke, daß Du dieses thema aufgegriffen hast,
liebe grüße
SA-bine